Die Pianistin Yulianna Avdeeva hat ihr neues Album "Chopin: Voyage" auf einem Konzertflügel eingespielt, der einst dem Pianisten Vladimir Horowitz gehörte. Im Interview erzählt sie von der magischen Begegnung mit diesem Instrument.
Bildquelle: Maxim Abrossimow
BR-KLASSIK: Yulianna Avdeeva, vor 14 Jahren haben Sie den Chopin-Wettbewerb in Warschau gewonnen, einen der wichtigsten Klavierwettbewerbe weltweit. Wie hat sich denn seitdem Ihr Verhältnis zu Chopin entwickelt?
Yulianna Avdeeva: Vierzehn Jahre sind eine lange Zeit. Ich habe mich als Persönlichkeit weiterentwickelt und viel mehr über Chopins Musik und die Musik anderer Komponisten und Epochen dazugelernt. Das spielt schon eine Rolle. Mein Verhältnis zu Chopin hat sich nicht verändert, sondern erweitert, würde ich sagen. Ich habe zum Beispiele neue pianistische Lösungen für Chopins Musik gefunden. Das ist ein lebenslanger Prozess, denke ich. Man kann nie einfach die Noten zuklappen und sagen, "jetzt hab ich's".
BR-KLASSIK: Was war Frédéric Chopin als Mensch für ein Typ?
Yulianna Avdeeva: Das ist sehr schwer zu sagen, obwohl es ja viele Briefe und Beschreibungen von Chopin gibt. Ich habe meine sehr subjektive, ein bisschen idealisierte Vorstellung von ihm. Wenn ich ihn sehen würde, würde ich ihn nichts fragen, sondern ihn aus der Entfernung bewundern. (lacht)
BR-KLASSIK: Viele von Chopins Werken sind inmitten der Natur entstanden, zum Beispiel das "Regentropfen-Prélude", das er auf Mallorca geschrieben hat, als der Regen angeblich aufs Dach geprasselt ist. Ihr Album "Chopin: Voyage" haben Sie ebenfalls umgeben von Natur aufgenommen, im US-Bundesstaat Montana vor den Beartooth Mountains. Warum genau dort?
"Chopin: Voyage" heißt Yulianna Avdeevas neues Album. Aufgenommen hat sie es im US-Bundesstaat Montana. | Bildquelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ryo Aoki Yulianna Avdeeva: Ich war zum ersten Mal in der Kunstgalerie Tippet Rise Arts Centre bei Fishtail in Montana. Mich hat sofort diese unfassbar schöne Gegend fasziniert. Da ist nur Natur, es ist weit entfernt von der Zivilisation und urbanem Leben. Diese Ruhe und die Klänge aus der Natur waren für mich sehr inspirierend. Der andere wichtige Aspekt ist das Instrument, das dort steht. Das ist ein Flügel, der Vladimir Horowitz gehört hat. Es war sein persönliches Instrument, das er zum Teil auf seinen Aufnahmen verwendet hat. Als ich den Flügel zum ersten Mal angefasst habe, dachte ich sofort: Das ist ein idealer Partner.
Als ich den Flügel zum ersten Mal angefasst habe, dachte ich sofort: Das ist ein idealer Partner.
BR-KLASSIK: Was ist das Besondere an diesem Instrument?
Yulianna Avdeeva: Man kann wahnsinnig leise spielen, aber auch sehr voll. Der Klang ist wie eine Blume: Er geht auf und hat dann ein langes, schönes Leben. Er ist zum Singen geeignet. Und gerade Chopin war als junger Mensch sehr vom italienischen Belcanto inspiriert.
Vladimir Horowitz, Glenn Gould oder Clara Haskil: Sie alle haben Interpretationsgeschichte geschrieben und dem Publikum unvergessliche Konzerterinnerungen geschenkt. Wir stellen Ihnen zwölf große Pianistinnen und Pianisten des letzten Jahrhunderts vor.
BR-KLASSIK: "Chopin: Voyage" steht über diesem Album. Wo wird denn Ihre Reise mit Chopin noch hingehen?
Yulianna Avdeeva: Natürlich würde ich gerne so viel wie möglich von seiner Musik spielen. Und mein Wunsch ist, dass ich diese Reise wirklich bis zum letzten Tag, an dem ich Klavier spielen kann, weitermachen kann.
BR-KLASSIK: Haben Sie ein Lieblingsstück auf dem Album?
Yulianna Avdeeva: Das erste Nocturne op. 62 in H-Dur. Mit diesem Stück habe ich meine Reise mit Chopin beim Chopin-Wettbewerb eröffnet. Es war das allererste Stück, das ich im Wettbewerb gespielt habe. Das hat für mich natürlich eine große Bedeutung. Diese Faszination für diese Musik ist ungebrochen und wird immer so bleiben.
YouTube-Vorschau - es werden keine Daten von YouTube geladen.
Yulianna Avdeeva - New Recording "Chopin: Voyage" (Sonata No. 3 in B Minor, Op. 58, IV movement)
Sendung: "Allegro" am 25. September 2024 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (0)