Warum sieht man in der Oper so wenig junge oder auch jüngere Menschen? Könnte an den Preisen liegen … Aber eigentlich ist Oper nicht teurer als Kino – wenn man nicht unbedingt sitzen will. Und es gibt halt kein Popcorn. Eine Liebeserklärung an die billigen Plätze.
Bildquelle: Wilfried Hösl
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3. Rang, 2. Reihe, Halbseite, Platz 38 bis 50 – sagt Ihnen das was? Nicht? Dann muss ich ein bisschen ausholen … Nur zur Orientierung: Wir befinden uns im Münchner Nationaltheater. Sie kennen das Haus vielleicht. Möglicherweise haben Sie sogar ein Abo. "Mittwoch blau" hieß das früher zum Beispiel: 1. Rang links, Reihe 3, Platz 41 und 43. Und am Tag nach der Vorstellung hatten Sie immer diese Nackensteife - vom schräg Schauen.
Keine Frage: Es gibt viele gute Plätze im Nationaltheater. Etwa Balkon, Reihe 1, Platz 1 und 3 - oder 2 und 4. Aber was das kostet! Dafür zahlen Sie in Puccinis "Fanciulla del West" (mit Herrn Kaufmann) 193 Euro. Wissen Sie was? Für diesen Betrag gehe ich 13 Mal in die Oper - und dann bleiben noch zehn Euro übrig für einen Crémant in der Rheingoldbar.
Wie das geht? Na, eben 3. Rang, 2. Reihe, Halbseite, entweder Platz 38 bis 50 (rechts) oder Platz 39 bis 51 (links). Für 14 Euro. Stehplatz natürlich. Allerdings mit Bank. Zum Hinsetzen. Ja, Geheimtipp. Das sind die Plätze, die am schnellsten weg sind, wenn der Vorverkauf losgeht. Die kriegen auch nur Münchner, denn das weiß quasi sonst niemand, das ist praktisch der Einheimischen-Bonus. Die Bank braucht man aber eigentlich nur für den 1. Akt "Siegfried". Ich nehm’ auch Stehplatz Mitte im 2. Rang, Hauptsache Stehplatz. Man sitzt ja eh schon zu viel. Und wenn die Knie noch mitmachen ...
Sitzplatz hatte ich ja früher oft, meist im Parket, als Student. Das muss ich nicht mehr haben. Früher reihte man sich als Student bei nicht ausverkauften Vorstellungen an der Abendkasse in eine Warteschlange ein und dann hieß es eben warten bis kurz vor Beginn der Vorstellung. Aber schließlich saß man für sechs Mark im Parkett zwischen den Frisch-Ondulierten. Reihe 5 Mitte ist super, ein bisschen weg vom Dirigentengefuchtel und doch nah an der Bühne dran. Bis Reihe 12 ist alles ok, recht viel weiter hinten würd’ ich nicht mehr machen wegen der Akustik. Ist halt dann doch schon der Balkon drüber. Super war auch einmal die Proszeniumsloge: ganz vorn, aber ganz seitlich. Akustisch jetzt auch nicht der Brüller, aber da meinten dann alle im Parkett, man gehöre zur Intendantenfamilie. Außerdem sieht man da den Dirigenten von vorn.
Ich liebe meine Stehplätze. Da ist auch viel mehr Gemeinschaftsgefühl als im Parkett. Man kommt ins Gespräch, man leidet gemeinsam – am verwackelten hohen C – und an den eigenen Kreuzschmerzen. Aber jetzt muss ich meine Tickets für die "Fanciulla" ausdrucken: Stehplatz, 3. Rang Halbseite … super!
Sendung: "Allegro" am 7. Oktober 2022 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK
Kommentare (6)
Donnerstag, 13.Oktober, 22:44 Uhr
Peter JAKOB
Teure Plätze in der Oper...
Opernhaus Zürich
2. Rang, 2.Reihe Plätze 13 bis 16
4 Personen zu je 45 Franken bei den teuersten "Inszenierungen", Premieren, oder extra. Solistin / Solist, schräg im Sitz,
aber akustisch perfekt.
(Getuschel und wühlen im Programmheft ausgenommen).
Parkett kostets bis das Siebenfache. 1
Donnerstag, 13.Oktober, 10:33 Uhr
Schubert Klaus
Preiswerte Plätze
Alsich von 1987 bis 1992 in Berlin am abendgymnasium mein Abitur nachholte, gab es auch für uns 10DM Karten für die Deutsche Oper in der Bismarckstraße. Sicherlich, das waren die hintersten Reiehen.. Aber spätestens nach der Pause ging ich und auch andere in die vordersten 3 Reihen, in die niemand wollte , anscheinend wegen der befürchteten Genickstarre. So sah und hörte ich doch viele klassische Opern, und auch Bachs Mathäuspassion, wo eine große Rutsche von der Empore zur Bühne aufgebaut war, von der dann ein Sänger auf die Bühne rutschte. Das habe ich bis heute nicht vergessen. Ebenso die Aufführungen von der Zauberflöte- mit freundlichen Grüßen Ihr Klaus Schubert
Montag, 10.Oktober, 11:21 Uhr
Gufo
Billige Plätze
Landauf landab versuchen doch Regisseure mit teils unsäglichen teils klamaukhaften Inszenierungen junge und jüngere Menschen in die Oper zu ziehen. Zumeist erfolglos. Erfolglos allerdings nicht, soweit es älteres und altes Publikum betrifft, das sich von dieser angeblichen Moderne nicht angezogen, sondern eher abgestoßen fühlt und folglich gleich fernbleibt.Damit bleibt ein Vakuum zurück, in dem die Oper, so wie sie jetzt präsentiert wird,nicht überleben kann.
Sonntag, 09.Oktober, 16:28 Uhr
jurgen Weber
Galerie
Der Moment wenn Carlos Kleiber beim Rosenkavalier unseren Beifall mitnahm.
Unvergesslich
Sonntag, 09.Oktober, 09:14 Uhr
Goetheschiller
Uncool
Es sind weniger die Preise. Sicherlich auch - aber nicht der Hauptgrund! Es ist der nicht mehr auszuhaltende Spielplan. Wo sind die Stücke die auch in ein Opernhaus gehören - und zwar zur Zeit mehr denn je:
West Sie Story und Co! Musicals beweisen wie man die Bude voll kriegt. Aber Problem sind diese unerträglichen Intendanten, die sich ja bloss nicht dem Unterhaltungstheater widmen wollen. Es gibt - neben Pandemie, Energiekrise - auch hier das Angebot und die Nachfrage-Prinzip. Das haben wenige begriffen Wenn es für den Zuschauer uninteressant ist: Absetzen oder erst gar nicht auf den Spielplan setzen. Menschen wollen unterhalten werden, abgeholt werden und nicht im Sumpf von dramaturgischem Hirntheater ersaufen und das Theater mit Kopfschütteln verlasen. LOS! JETZT! MEHR ALS JEMALS ZUVOR!
Samstag, 08.Oktober, 17:27 Uhr
Dinah Kamm
Danke für den Tipp
Herzlichen Dank für den Beitrag!
Ich kann dem nur beipflichten:
Vor einer Woche saß ich für 90€ im 1.Rang, Seite, Sicht nahe Null!
Da hätte es ein Hörerplatz auch getan...
Leider habe ich mich wirklich darüber geärgert, so viel Geld ausgegeben zu haben. Wäre ich keine passionierte Operngängerin, würde ich von einem neuen Besuch absehen. -
Das nächste Mal wieder auf die Galerie!
Die Staatsoper sollte vielleicht mal überdenken, ob sie die Preise anders staffelt.
Beste Grüße, bis zu einer neuen Vorstellung im "Geliebten Haus"!