Richard Wagners Oper um den Gralsritter Lohengrin und die schutzbedürftige Jungfer Elsa erscheint am Staatstheater Nürnberg in einem neuen Gewand: Regisseur David Herrmann versetzte das Werk in eine Fantasy-Welt zwischen "Game of Thrones" und "Herr der Ringe". Gleichzeitig ließ er Wotan und Parzival auftreten. Die Premiere am Staatstheater Nürnberg am12. Mai überzeugte aber vor allem musikalisch.
Bildquelle: Staatstheater Nürnberg / Bettina Stöß
So ein Vater-Sohn-Verhältnis ist oft nicht leicht. Immer muss Papa darauf achten, dass auch alles in seinem Sinne geschieht. Ganz besonders, wenn der Papa Parzival heißt, oberster Gralshüter ist und damit der Vertreter des Guten und Göttlichen schlechthin. Da bleibt Sohn Lohengrin keine andere Wahl, als zu folgen, wenn auch manchmal etwas widerwillig. Regisseur David Hermann stellt seinem Lohengrin einen stumm agierenden Schauspieler zur Seite, der die stets im Hintergrund präsente Vaterfigur verkörpert. Übermäßige Eigeninitiative ist hier nicht gefragt. Vielleicht wird deshalb das Paar Lohengrin und Elsa eher der lyrischen Seite zugeordnet. Zwar kann sich Eric Laporte als Lohengrin sehr gut durchsetzen, wo es erforderlich ist, er überzeugt aber vor allem mit seinen ausdruckstarken und tragfähigen feineren Klangfarben.
Ortrud und Elsa in David Hermanns "Lohengrin"-Inszenierung am Staatstheater Nürnberg | Bildquelle: Staatstheater Nürnberg / Bettina Stöß
Ein großes Fragezeichen hinterlässt die Rolle der Elsa, verkörpert von Emily Newton. Dass sie großes Kino kann, hat sie unlängst als Anna Nicole unter Beweis gestellt. Hier nun wirkt das Personen-Konzept merkwürdig unausgegoren. Soll Elsas zerbrechliche und naive Seite herausgestellt werden, warum wird das dann nicht konsequent und durchgängig verdeutlicht? Ablenkend ist außerdem die schwache Artikulation mancher "S"-Laute.
Gar nicht zerbrechlich erscheinen dagegen Telramund und Ortrud. Denn den Bösen spielen, das hat ja bekanntlich schon immer viel mehr Spaß gemacht – und das tun Martina Dike und insbesondere Sangmin Lee hingebungsvoll, stimmstark und mit Überzeugungskraft.
Doch das Funkeln des Dunkeln nützt dem hinterlistigen Pärchen gar nichts, denn sie stehen ebenfalls unter der Knute – allerdings von Wotan. Auch Parzivals Gegenspieler ist auf der Bühne vertreten, und dieser Kunstgriff macht deutlich, um was es in diesem "Lohengrin" an erster Stelle geht: Alle Protagonisten müssen nach der jeweiligen Pfeife tanzen, ob es ihnen passt oder nicht. Damit korrespondiert das so simple wie geniale Bühnenbild von Jo Schramm. Ein paar Bündel herabhängender Röhrenstangen bilden flexibel und flüchtig jeden benötigten Raum und erinnern dabei doch an Gefängnisgitter. In schönem Kontrast sind die Kostüme bunt und opulent, angelehnt an die Fantasywelten von "Game of Thrones" bis zu "Herr der Ringe". Um einen aktuellen Zeitbezug herzustellen, reicht das allein allerdings nicht.
Eine Bildergalerie zur Inszenierung gibt es hier.
Szene aus "Lohegrin" am Staatstheater Nürnberg | Bildquelle: Staatstheater Nürnberg / Bettina Stöß Und dann ist da noch die Sache mit dem Schwan. Auf den wartet man gleich zwei Mal vergeblich. Kurz vor Schluss wird auch aufgeklärt, warum: Der verzauberte Bruder von Elsa ist in dieser Lesart kein anderer als Telramund, der wieder zum Leben erwacht und den Thron Brabants besteigt. Hier siegt am Ende Wotan und nicht Parzival. Ein Eingriff in die Wagnerwelt, der deutliche Unmutsbekundungen für die Inszenierung auslöst. Die eigentliche Siegerin des Abends steht dagegen eindeutig und unbestritten am Dirigentenpult. Nach leichten Unsicherheiten im 1. Akt liefern Joana Mallwitz und die Staatsphilharmonie Nürnberg eine überzeugende Leistung ab. Kein wabernder Wagner, es herrschen klare Strukturen, gestraffte Tempi und ein beeindruckendes Gespür für dynamische Abstufungen. Allein dafür lohnt sich der Besuch.
Musikalische Leitung: Joana Mallwitz
Regie: David Herrmann
Bühne: Jo Schramm
Kostüme: Katharina Tasch
u.a. mit Eric Laporte (Lohengrin), Emily Newton (Elsa von Brabant) und Sangmin Lee (Friedrich von Telramund) und Martina Dike (Ortrud)
Staatsphilharmonie Nürnberg
Chor des Staatstheaters Nürnberg
Alle weiteren Termine und Besetzungen finden Sie auf der Homepage des Staatstheaters Nürnberg.
Sendung: "Allegro" am 13. Mai 2019 ab 6:05 Uhr auf BR-KLASSIK
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