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Mittwoch, 15.04.2020

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Springerstiefel vor Parkbank mit Basbeallschläger | Bildquelle: picture-alliance/dpa

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Der schwache Staat - Wenn Polizei und Justiz es Rechtsextremisten leicht machen

Die Dokumentation "Der schwache Staat" wirft ein Schlaglicht auf den alltäglichen Umgang mit rechtsextremen Straftaten in einem nervösen Deutschland zwischen Terrormeldungen, Trauerbeflaggung und Gedenkminuten. Der Bundesinnenminister hat den Kampf gegen Rechtsextremismus zur Staatsräson erklärt. Aber ist das auch auf der Vollzugsebene angekommen? Wie geht der Staat im Alltag mit seinen Feinden um?

Mitwirkende

 
Redaktion Astrid Harms-Limmer
Der Kassler Regierungspräsident Walter Lübcke wurde von einem Rechtsextremisten ermordet, die Synagoge in Halle von einem Nazi angegriffen, zwei Menschen werden im Umfeld erschossen. Neun Menschen in Hanau mit Migrationshintergrund werden von einem Rassisten getötet. Die Bundesregierung, der Generalbundesanwalt und das BKA haben dem rechten Hass den Kampf angesagt, aber auf der Arbeitsebene, so scheint es, spielen Polizisten, Staatsanwälte und Richter seit Jahren rechte Tatmotive herunter und bagatellisieren immer noch rassistische Übergriffe.

Die Autorinnen Anna Tillack und Anna Klühspies begleiten einen Rechtsanwalt bei seinem täglichen Kampf, den Opfern rechter Gewaltverbrechen Gehör zu verschaffen und die Täter vor Gericht zu bringen. Aber kommt es schließlich zu Anklagen und angemessenen Urteilen? Der Rechtsanwalt führt die Autorinnen auf die Spur einer Gruppe, gegen die der Generalbundesanwalt schon seit geraumer Zeit wegen Verdachts auf Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Die Mitglieder der Vereinigung sind unterdessen auf freiem Fuß. Die Szene entwickelt dadurch ein ganz neues Selbstbewusstsein. Immer wieder greift sie bei Tageslicht an – mitten in deutschen Fußgängerzonen.

Viele amtlich bekannte Rechtsextremisten verfügen über waffenrechtliche Erlaubnisse. Trotz verschärfter Gesetze. Die beiden Autorinnen finden bei ihren Recherchen heraus, dass der Verfassungsschutz die Waffenbehörden offenbar nur unzureichend informiert. So hat sich die Zahl der Rechtsextremisten mit waffenrechtlichen Erlaubnissen seit 2016 fast verdoppelt.

Auch bei der juristischen Aufklärung von rassistischen Angriffen zeigt der Staat Schwäche: Das Bundesinnenministerium erklärt, im Zeitraum von 2015 bis 2018 seien knapp 600 rechte Straftaten gegen Asylunterkünfte polizeilich aufgeklärt worden. Was die Bundesregierung aber nicht sagt: Nur ein Bruchteil der Täter wurde je angeklagt oder gar verurteilt. Taten mit rechtsradikalem Hintergrund tauchen mitunter gar nicht in Statistiken oder Polizeiberichten auf. Bekannte Neonazis verdienen, unter den Augen der Justiz, Geld mit der Verbreitung von Hass: Im Allgäu vertreibt ein Rechtsradikaler Musik mit volksverhetzenden Texten – und ein Landgericht lässt es zu.

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