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Mittwoch, 08.07.2020

21:35 bis 22:20 Uhr

ARD alpha

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Arztgespräch am Behlendorfer See – Dr. Songül Gräfendorf (rechts) berät eine Teilnehmerin des Experiments „Tschüss Zucker“.
| Bildquelle: BR/NDR

Bildquelle: BR/NDR

alpha-thema: Dickmacher Tschüss Zucker

Eine Dorfgemeinschaft auf Entzug

Kann man ohne Zucker gesünder leben? Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde Berkenthin in Schleswig-Holstein haben ein Experiment gewagt und drei Monate lang auf zugesetzten Zucker in Lebensmitteln verzichtet.

Mitwirkende

 
Redaktion Gábor Toldy
Das NDR Fernsehen hat für sie die Aktion „Tschüss Zucker“ ins Leben gerufen und über den gesamten Zeitraum begleitet. Es geht darum herauszufinden, wie sich Gewicht, Blutdruck oder Cholesterinspiegel verändern, und ob man sich insgesamt fitter fühlt, wenn man Zucker meidet.

Zum Auftakt der Aktion steigen mehr als 60 Teilnehmende auf die Waage, lassen ihre Größe und den Bauchumfang messen. Einige haben Übergewicht und wollen ein paar Pfunde loswerden. Andere finden, dass sie einfach zu viel naschen. Petra E. leidet an einer Vorstufe von Diabetes. Die Friseurin hofft, dass sich die Krankheit durch Zuckerverzicht bessert und sie dann vielleicht keine Medikamente mehr braucht. Auch Rentner Martin K. will weg von seinen Tabletten. Er nimmt Herzmedikamente und hat sich vorgenommen, eisern auf Süßes zu verzichten.

Die Ernährungsmedizinerin Dr. Songül Gräfendorf steht den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Aktion zur Seite. Bei einem Drittel von ihnen überprüft die Ärztin zu Beginn und zum Ende des Experiments zudem Blutwerte. Sinken Cholesterinspiegel oder Blutdruck durch die zuckerreduzierte Ernährung? Das Ergebnis nach drei Monaten: vielversprechend!

Pro Kopf werden in Deutschland täglich rund 120 Gramm Zucker konsumiert. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält das für zu viel, warnt vor Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie empfiehlt Erwachsenen, nicht mehr als 50 Gramm Zucker pro Tag zu essen, idealerweise sogar nicht mehr als 25 Gramm. Das entspricht etwa sechs Teelöffeln Zucker oder acht Zuckerwürfeln.

Auch die Teilnehmenden der Aktion „Tschüss Zucker“ haben versucht, dieses Limit einzuhalten. Zugesetzter Zucker in Speisen und Getränken und der natürlich enthaltene Zucker in Honig und Saft waren tabu.

Drei Monate ohne Zucker verändern das Dorfleben: Landfrauentreffen ohne Torte, heiße Diskussionen am Grill und Rätselraten im Supermarkt. Im Kleingedruckten auf der Verpackung kann Zucker unter mehr als 50 verschiedenen Namen versteckt sein: von Agavendicksaft über Maissirup bis Oligofruktose. Eine Lebensmittelampel, die vor zu viel Zucker warnt, wie in Frankreich, Belgien oder Großbritannien, gibt es in Deutschland bisher nicht.

Zwei Autorinnen des NDR haben die Teilnehmenden während ihrer Zucker-„Fastenzeit“ mit der Kamera begleitet: zum Fest im Dorf genauso wie zum Coaching mit der Ärztin Dr. Gräfendorf. Drei Monate sind eine lange Zeit. Gewöhnt man sich an Möhrchen oder Gurke als Snack? Gibt es Entzugserscheinungen?

Nicht alle halten durch. Aber vielen hilft die Gemeinschaft: Sie tauschen zuckerfreie Rezepte aus und bauen sich gegenseitig auf, wenn es schwerfällt zu verzichten. „Ohne die Gruppe würde ich das niemals durchhalten“, sagt Petra E. Ob sich der monatelange Verzicht auf Zucker für sie und die anderen lohnt?

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