BR-KLASSIK

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Freitag, 05.02.2021

14:15 bis 15:00 Uhr

ARD alpha

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Bildquelle: Daniel Nimmervoll. Zeitrafferaufnahme

alpha-thema: Zeit Wann. Ein Versuch über die Zeit

WANN - Ein Versuch über die Zeit Keiner hat Zeit. Alle sind beschäftigt. Das tägliche Leben ist vollgepackt, und obwohl wir uns immer mehr beeilen, uns immer schneller fortbewegen, es ist nie genug Zeit da. Wenn wir warten, gähnt die Zeit, wenn wir glücklich sind, rast sie davon. Und der Blick auf die Uhr hilft auch nicht weiter: Kein Zeitmesser der Welt zeigt an, wie wir Zeit subjektiv wahrnehmen. Was ist Zeit? Eine Dimension? Eine Illusion? Physikalisch gesehen ist eine Sekunde: 9.192.631.770 Schwingungen eines Cäsium Atoms. Nur, was klärt das? Wie lange dauert ein Augenblick und wieso fühlen wir Zeit, obwohl wir kein Sinnesorgan dafür haben? Die Zeit ist ein Rätsel. Die einen sagen: Zeit ist das, was die Uhr anzeigt. Die anderen sagen: Zeit ist das, was du hast, wenn du die Uhr wegwirfst. Dieser Film umkreist das große Rätsel der Menschheit aus verschiedensten Perspektiven, fragt nach bei Physik, Kunst, Soziologie und Gehirnforschung. Mit Harald Lesch, Joana Mallwitz, Hartmut Rosa, Ernst Pöppel u.a.

Mitwirkende

 
Redaktion Lars Friedrich
„Alles Unglück der Menschen kommt daher, dass er nicht vermag, ruhig in einem Zimmer zu sitzen“, sagte schon der Philosoph Blaise Pascal vor Jahrhunderten. Versuchen wir es hier und jetzt trotzdem: um 43 Minuten über die Zeit zu staunen: diese unsichtbare Macht, aus der wir kommen, in der wir vergehen und innerhalb derer man zu errechnen versucht, was denn nun der physikalische Anfang von Zeit tatsächlich war. „Die Physiker hassen die Zeit“, sagt der Physiker und Astronom Harald Lesch, denn während wir Zeiträume messen, werden wir immer älter.

43 Minuten – nicht viel Zeit für das große Menschheitsrätsel, aber mehr Zeit haben wir hier und jetzt nicht. Wir haben ja noch so viel anderes zu erledigen. Und jünger werden wir auch nicht. Wir haben unsere Zeit ja nicht gestohlen. Wir werden von der Uhr beherrscht, dem Instrument einer globalen Hyperzeit. Sie taktet unser Leben bis in den hintersten Winkel der Privatheit. „Zeit ist Geld“ ist inzwischen ein zutiefst schuldig machendes Lebensgefühl, sagt der Soziologe Hartmut Rosa: wer einfach nur rumsitzt, der verschwendet sie und muss befürchten, verloren zu gehen im Wettbewerb. „Wenn du es eilig hast, mach einen Umweg“, sagt ein japanisches Sprichwort und meint: am meisten Zeit haben wir immer dann, wenn wir sie vergessen, die große Diktatorin unserer Tage: die Zeit.

Also, was ist Zeit? Eine Dimension, eine Illusion? Sie herrscht immer über uns, nur in der Kunst hat der Mensch die Oberhand über sie: kann in ihr reisen, kann sie anhalten, beschleunigen und vergessen machen. Die Musik erzeugt ihr eigenes Zeit-Tempo; spiegelt, dehnt und beugt die Zeit, sagt die Dirigentin Joana Mallwitz.

Wir leben in vom Gehirn erzeugten 2-3 Sekunden Augenblicken, in den 43 Minuten der Dokumentation vergehen also ungefähr 860 Jetzt Momente, die sofort wieder vorbei sind. Unaufhaltsam fließt sie ab, die Zeit, ist flüchtig und gefräßig. Und solange wir in ihr sind, suchen wir den Notausgang aus ihr: suchen nach der großen Gegenspielerin von Zeit: der Ewigkeit. Denn wenn wir beten, meditieren, uns konzentrieren, kurz: wenn wir uns selbst und die Zeit vergessen, dann legt die Ewigkeit ihren Arm um uns. Und die Zeit steht still. Unerklärlich und rätselhaft.

Mit Harald Lesch(Physiker), Joana Mallwitz (Dirigentin), Ernst Pöppel ( Neurobiologe), Doris Zölls (Zen Meisterin), Michael Wesely ( Fotokünstler), Claudia Bausewein ( Palliativmedizinerin)

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