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Freitag, 14.06.2024

22:15 bis 23:00 Uhr

ARD alpha

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Erziehungsmodelle in der Diskussion 1972: Passen antiautoritär erzogene Kinder mit autoritär erzogenen zusammen? Kinder toben auf dem Pausenhof. | Bildquelle: BR/NDR

Bildquelle: BR/NDR

alpha-retro: Kindheit früher alpha-retro: Terror aus dem Kinderladen? (1972)

Antiautoritäre Kinder im ersten Schuljahr

Was geschieht, wenn Kinder, die nicht im Kindergarten sondern im Kinderladen waren, zusammen mit anderen Kindern in die Schule kommen? In diesem Beispiel aus Frankfurt ist es so, dass die wichtigsten Grundzüge antiautoritärer Erziehung in der ersten Klasse weitergeführt werden. Die Kinder dürfen selbst bestimmen, wann, wie und was sie lernen möchten. Einige Eltern sind damit überfordert: Ihre Kinder werden nicht nur nicht zu deutscher Ordentlichkeit erzogen, sie geben zuause sogar Widerworte.

Mitwirkende

 
Redaktion Martin Posselt
Was geschieht, wenn Kinder, die nicht im Kindergarten sondern im Kinderladen waren, in die Schule kommen?
In diesem hoch spannenden Beispiel aus dem Jahr 1971/72 aus Frankfurt ist es so, dass die wichtigsten Grundzüge der antiautoritären Erziehung in der ersten Klasse weitergeführt werden. Die Kinder bestimmen selbst, was, wann und wie sie lernen möchten. In dieser Situation finden sich die Kinder aus dem Kinderladen selbstverständlich besser zurecht und sind lernbegieriger als diejenigen Kinder, die aus dem Kindergarten gekommen waren.
Am Ende des ersten Schuljahres haben jedoch alle in der Klasse verbliebenen Kinder die vorgeschriebenen Lernziele erreicht. Durch Meinungsäußerungen der Eltern u.a. auf einem Elternabend werden aber auch die Schwierigkeiten gezeigt, die in so einer Klasse entstehen. Mehrere Eltern waren auch nicht bereit, diese neuen und nicht autoritären Erziehungswege weiter mitzugehen. Ein Vater beschwert sich z. B. darüber, dass sein Sohn nun aus der Schule komme und zuhause Widerworte gebe.
Die Schulleiterin allerdings merkt nach diesem ersten Jahr an, dass die Kinder, die aus dem Kinderladen gekommen waren, nicht nur keine Probleme bereitet hätten, sondern dass sie viel ruhiger, ausgeglichener und wissensdurstiger seien als die anderen Kinder. Dies würde sie und viele Kollegen dazu bringen, über ihren bisherigen Unterrichtsstil neu nachzudenken.
Aus heutiger Sicht ist das Spannende an diesem Film keineswegs die antiautoritäre Erziehung, die hier dargestellt wird, sondern das Verhalten der Kindergarten-Kinder, das zwischen totaler Passivität und enormer Aggressivität pendelt und die Einstellungen der Eltern dieser Kinder. Das eine erklärt sich aus dem anderen: Kinder haben zuhause und in der Schule zu parieren und vor allem ordentlich zu sein. Kindheit in der Kaserne.

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