Weil Medizin und Forschung immer noch den Mann als Standard setzen - 70 bis 80 Kilogramm schwer, 1,80 Meter groß - sterben Frauen, obwohl ihr Tod vermeidbar gewesen wäre. Sie sterben, wie Unfallstudien belegen, in Autos, die ausschließlich an männlichen Dummys getestet wurden. Sie sterben, weil Angehörige und Ärzte glauben, dass ein Herzinfarkt so aussieht, wie das Hollywood gelehrt hat: Einem Mann fällt das Atmen schwer, sein Blick wird starr, er bricht zusammen, vielleicht fasst er sich noch an die Brust. So war es im "Paten", als Vito Corleone beim Spielen mit seinem Enkel im Garten starb, so erging es Mickey in "Rocky III" und Gareth in "Vier Hochzeiten und ein Todesfall". Diese Bilder prägen uns. Wir wissen: Wenn ein Mann nach Luft ringt und sich die Brust hält, ist Eile geboten, ist 112 zu wählen, ist Ausschau nach einem Defibrillator zu halten.
Eine von Männern erzählte Geschichte, History, mit Männern in den Hauptrollen - und mit fatalen Folgen für die Hälfte der Menschheit, die Frauen, für die diese Version der Geschichte die falsche ist. Denn wie man heute weiß, ist der Herzinfarkt keine Männerkrankheit. Frauen haben häufig nur andere Symptome.
Selbst Mediziner:innen wissen das oft nicht, weil es nicht in ihren Lehrbüchern stand. Und so ist das Risiko für Frauen, an einem Herzinfarkt zu sterben, bis heute größer als das der Männer. Sie rufen bei einem Infarkt im Schnitt später die Rettung, müssen in den Kliniken, wie weltweite Studien belegen, länger warten, bekommen seltener die passenden Medikamente.
"HERstory" trifft die Kardiologin Vera Regitz-Zagrosek, die als eine der Ersten in Deutschland bewiesen hat, wie groß die Gefahr für Frauen ist, weil man ihren Infarkt nicht erkennt und behandelt. "HERstory" begleitet die schwedische Verkehrssicherheitsforscherin Astrid Linder ins Crash-Test-Labor.
Dort führt sie "Eva", einen Dummy, vor, den sie vor zehn Jahren entwickelt hat. Die einzige Figur, die tatsächlich dem Körper einer Frau nachempfunden wurde, bis heute aber nicht in Testreihen vorgeschrieben ist. Die beiden berichten, wie mühsam es ist, alte Denkstrukturen aufzubrechen. Das spürt auch Dilek Gürsoy, eine der führenden Kunstherzexpertinnen der Welt.
Auch sie arbeitet mit einer Kunstherz-Technologie, die für Männerkörper entwickelt wurde, im Männermaßstab. Mit fatalen Folgen, auch hier: Im Zweifel, sagt Gürsoy, ließe sich der schmalere Torso einer Frau der großen Geräte wegen nicht direkt nach der Operation wieder schließen.