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Im Thema der Woche in der Mittagsmusik dieser Tage geht es um eine der ganz großen Persönlichkeiten der deutschen Unterhaltungs-, Film- und Fernsehmusik seit 1950. Es ist der Komponist, Arrangeur und Orchesterleiter Martin Böttcher, vor allem berühmt und bekannt durch seine Musik zu den Karl-May-Verfilmungen der Sechziger Jahre, den "Winnetou"-Filmen, aber auch berühmt und bekannt durch seine vielen Musiken zu Fernsehserien. Einen ganz eigenen, höchst individuellen Stil kultivierte er dabei. Sein Markenzeichen ist ein warmer, weicher, volltönender "Sound", dessen Raffinesse nicht nur auf der spezifischen Art des Arrangierens und Orchestrierens beruht, sondern auch auf der ganz eigenen Melodik und Harmonik. In der Tat dürfte es schwer fallen ein Böttcher-Stück zu finden, bei dem man nicht schon nach fünfzehn Sekunden seine unverwechselbare Handschrift, seinen charakteristischen "Sound" erkennen würde. In diesem Monat - am 17. Juni - hat Martin Böttcher seinen 90. Geburtstag, und aus diesem Anlass gibt es in der Mittagsmusik dieser Woche jeden Tag Musik von ihm zu hören.
Am Dienstag beginnen wir mit dem Pater-Brown-Thema aus den beiden Kinofilmen über den gewitzten Priester, dessen große Leidenschaft die Aufklärung von Verbrechen aller Art ist und der deshalb immer wieder in Konflikt mit seinem Bischof gerät. "Das schwarze Schaf" und "Er kann's nicht lassen" heißen die beiden Filme, entstanden 1960 und 1962 mit Heinz Rühmann jeweils in der Hauptrolle des Pater Brown. Sein Thema ist ein Doppelthema - es besteht auf zwei Themen, die zwei seiner Rollen oder Eigenschaften zugeordnet sind: das erste, in Moll, dem unerschrockenen Ermittler in gefährlicher Mission, das zweite, in Dur, dem väterlichen Beschützer, wohlwollend und gelassen. Mit dem Umschlag nach Dur wechselt der gemessen fortschreitender Bass des ersten Themas zu swingender Bewegung, darüber wird das zweite Thema vorgestellt, und zwar wie bei vielen Tschaikowsky-Themen: zunächst von einem Solo-Holzbläser (bei Martin Böttcher natürlich ein Saxophon) und danach von den Streichern, glänzend und volltönend. Schließlich verebbt alles mit ahnungsvollen Vibraphon-Klängen - zeitlose Musik der frühen Sechziger Jahre, damals ein Ohrwurm, heute immer noch unvergessen…
…und Pfarrer Braun
Anfang des neuen Jahrtausends, vierzig Jahren nach den Pater-Brown-Kinofilmen, komponierte Martin Böttcher die Musik zu einer neuen Fernsehserie über den notorischen Priester-Kriminalisten. Der kam nun nicht mehr aus Irland, sondern aus Bayern, hieß Pfarrer Braun und wurde von Ottfried Fischer gespielt. Das neue Pfarrer-Braun-Thema ist eine Variante des alten Pater-Brown-Themas: wieder ein Doppelthema mit dem charakteristischen Wechsel zwischen Moll und Dur und dem Wechsel der Gangart in der Bass-Bewegung. Die neuen Melodien sind dabei eine Art motivisch-thematische Verarbeitung der alten aus Umkehrungen und anderen Modifikationen: Wie Pfarrer Braun ein Spiegelbild von Pater Brown ist, so sind auch deren Themen Spiegelbilder voneinander. Eine geniale Art musikalischer "Renovierung".