Bildquelle: Pablo Faccinetto
Seit 1993 ist Daniele Gatti ein gern gesehener Gast beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Der 1961 in Mailand geborene Dirigent, auf dem Opern- und Konzertsektor gleichermaßen erfolgreich, hat Mariss Jansons 2016 an der Spitze des Amsterdamer Concertgebouw-Orchesters beerbt. Auch sein aktuelles Münchner Programm zeigt, dass Gatti eine besondere Affinität zur Spätromantik sowie zur frühen Moderne hat. Hauptwerk ist die Vierte Symphonie von Gustav Mahler, seine lyrischste. Darin fand Mahler zu einem bewusst naiven, fast kindlichen Tonfall, gebrochen allerdings durch Ironie und Hintersinn. In Mahlers Fastnachtsspiel treten Narren mit Schellenklängen ebenso auf wie Freund Hein mit der Fiedel oder barocke Putten. Von den "himmlischen Freuden" im Finale kündet die Münchner Sopranistin Christina Landshamer. Irritierte Mahler das Publikum bei der Münchner Uraufführung 1901 noch durch die Schlichtheit seiner Themen, so provozierte Arnold Schönberg bei der Premiere seiner frühen Tondichtung "Verklärte Nacht" 1902 in Wien gleich seinen ersten Skandal - längst zählen beide Werke zu den populärsten ihrer Schöpfer. Mit "Tristan"-nahen, suggestiven Klängen rührte der junge Schönberg in seinem Streichsextett an tonale Grenzen - und an moralische. Denn das zugrundeliegende Gedicht von Richard Dehmel propagiert nichts weniger als ein neues Ideal der freien Liebe.