Bildquelle: Eva Vermandel
Dass der charismatische Pultstar Robin Ticciati, 1983 in London geboren und seit dieser Saison Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin, eine Vorliebe für französisches Repertoire hat, zeigt auch sein zweiter Auftritt beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Aus dem Rahmen seiner Frankreich-Hommage fällt nur das späte Violinkonzert von Robert Schumann, mit dem die junge russische Geigerin Alina Ibragimova ihr Debüt beim Symphonieorchester gibt. Ein grüblerisch-introvertierter Solopart und eine Polonaise als Finale? Erst einer heutigen Musikergeneration war es vorbehalten, die zukunftsweisenden Qualitäten von Schumanns Komposition zu entdecken, die von seiner Umgebung als Produkt eines Geisteskranken unter Verschluss gehalten wurde. Die zweite Suite aus Maurice Ravels epochalem Ballett "Daphnis et Chloé" mit ihrem gleißend auskomponierten Sonnenaufgang ist der populäre Schlusspunkt in Ticciatis Programm, das außerdem mit zwei Raritäten aus Frankreich aufwartet. Ebenfalls um ein antikes Liebespaar kreist die spätromantische Vokalsymphonie "Psyché" von César Franck, aus der er vier Instrumentalsätze zur gleichnamigen Tondichtung zusammenfasste. Die lyrisch versonnene, farbenprächtig aufrauschende Musik illustriert das erwachende Begehren der personifizierten Seele zum Liebesgott Eros alias Amor. Und mit einem wahren Urknall eröffnet Ticciati sein spannendes Konzert: Wie eine Kakophonie muss den Zeitgenossen der dissonante Akkord in den Ohren geklungen haben, mit dem der Barockkomponist Jean-Féry Rebel in seiner revolutionären Suite "Les éléments" den chaotischen Urzustand charakterisiert, bevor die vier Elemente ihren vorgesehenen Platz in der natürlichen Weltordnung einnehmen - frühe Programmmusik, die heute noch wie Avantgarde wirkt.