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Leider musste Yannick Nézet-Séguin die Leitung der Konzerte dieser Woche krankheitsbedingt abgeben - dankenswerterweise ist für ihn kurzfristig der amerikanische Dirigent John Axelrod eingesprungen, der damit sein Debüt beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gibt. Derzeit betreut der Bernstein-Schüler Axelrod als Chefdirigent den Opern- und Konzertsektor beim Königlichen Symphonieorchester von Sevilla. Von Nézet-Séguin übernimmt Axelrod erfreulicherweise auch weitgehend das eindringliche Programm. Hauptwerk bleibt die selten aufgeführte 13. Symphonie "Babi Yar" von Dmitrij Schostakowitsch - 2006 wurde Mariss Jansons für seine Einspielung mit dem Symphonieorchester mit einem Grammy ausgezeichnet. Schostakowitsch hatte sich zunächst von dem gleichnamigen Gedicht Jewgenij Jewtuschenkos anregen lassen, das an das barbarische Massaker zehntausender ukrainischer Juden durch die deutsche Wehrmacht 1941 in der Schlucht Babi Yar bei Kiew gemahnt - und zugleich den russischen Antisemitismus anprangert, der zur Verleugnung des beispiellosen Pogroms führte. Mit vier weiteren Gedichten Jewtuschenkos weitete Schostakowitsch "Babi Yar" zu einer monumentalen Vokalsymphonie über die Leiden und den Überlebenswitz des sowjetischen Volkes. Schostakowitschs 13. Symphonie ist ein aufrüttelndes Requiem mit dem ihm eigenen Hang zu Satire und Groteske - eine heroische Aufgabe für den russischen Bassisten Mikhail Petrenko und den Männerchor des Bayerischen Rundfunks. Davor steht ein instrumentaler "Trauergesang", ein erst kürzlich wiederentdecktes Jugendwerk von Igor Strawinsky, das über hundert Jahre als verschollen galt. Dieser spätromantische "Chant funèbre" Strawinskys, 1908 zum Gedenken an seinen Lehrer Rimskij-Korsakow geschrieben, klingt nach dem verehrten Mentor - aber vor allem nach Richard Wagner. Und an den Anfang hat Axelrod ein passendes Stück Trauermusik aus seiner Heimat gesetzt: Das weltberühmte "Adagio for Strings" wurde wegen seiner emotionalen Wucht zum populärsten Werk von Samuel Barber, das seit 1938 in Amerika bis heute zu tragischen Anlässen wie Präsidenten-Beisetzungen oder zum Gedenken an den 11. September gespielt wird.