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Kent Nagano war ein enger Weggefährte des französischen Klangmystikers Olivier Messiaen und kennt dessen Werk wie kein Zweiter. Nun setzt Nagano seinen Messiaen-Zyklus beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit einem der radikalsten Werke seines Mentors fort: mit dem fluoreszierenden Orchesterstück "Chronochromie", das 1960 bei den Donaueschinger Musiktagen uraufgeführt und zwei Jahre später schon von Pierre Boulez beim Symphonieorchester vorgestellt wurde. Der Titel ist aus den altgriechischen Wörtern für "Zeit" und "Farbe" zusammengesetzt - Messiaen war Synästhetiker und ordnete seinen rhythmischen Modellen bestimmte Klangfarben zu. "Chronochromie" verlangt einen großen Schlagzeug-Apparat und lebt von pulsierenden Rhythmen, während die Streicher intensive Vogelkonzerte beisteuern. Wie Messiaens uvre war auch Anton Bruckners Schaffen tief im Katholizismus verwurzelt. Beziehungsreich kombiniert Nagano Messiaens Orchesterstudie mit Bruckners zweiter Messe, die ihre Uraufführung 1869 zur Einweihung der Votivkapelle des geplanten Linzer Doms unter freiem Himmel erlebte. Der Festakt ließ nur eine reine Bläserbegleitung des Chorgesangs zu, die damals von der örtlichen Militärkapelle gestellt wurde; diese originelle Besetzung verleiht Bruckners e-Moll-Messe gleichfalls eine besondere Klangfarbe. Seine zweite Messe kommt zudem ohne Solisten aus - eine dankbare Aufgabe für den Chor des Bayerischen Rundfunks, der Bruckners Bezüge auf Palestrinas Vokalpolyphonie klangschön auskosten kann.