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Sir Simon Rattle, gerade 60 geworden, zählt zu den charismatischsten Dirigenten-Persönlichkeiten unserer Zeit. Kein Wunder, dass sich die Spitzenorchester weltweit um den Chef der Berliner Philharmoniker reißen. Doch der Mann aus Liverpool ist wählerisch, wenn es um Gastauftritte geht - seine Ansprüche sind hoch, und die Chemie muss stimmen. Zum dritten Mal kommt Rattle nun zum Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und sorgt mit einem konzertanten "Rheingold" für ein absolutes Highlight der Saison. Mit Wagners "Ring des Nibelungen" hat Rattle viel Erfahrung, seit er die Tetralogie zwischen 2006 und 2010 in Aix-en-Provence und bei den Salzburger Osterfestspielen mit den Berliner Philharmonikern szenisch präsentierte. Nun gibt es also Wagners "Rheingold" am Ort seiner Uraufführung zum Wiederhören - und im imposanten Vergleich mit Kirill Petrenkos Lesart an der Bayerischen Staatsoper. Nicht abgelenkt von der Szene, kann man sich bei Rattle, einem prominenten Sänger-Aufgebot und dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ganz auf Wagners spannenden Opern-Krimi konzentrieren. Denn am Vorabend seines Bühnenfestspiels zeichnet sich infolge von Machtkämpfen, Intrigen, Geiselnahme, List und Tücke bereits der Anfang vom Ende des Göttergeschlechts ab. Zeigt doch der verfluchte Ring, der seinem Besitzer die Weltherrschaft verheißt und ein erstes Mordopfer fordert, dass die Götterburg Walhall nur auf Sand, sprich: Verrat gebaut ist. Doch die Götter um Wotan lassen sich gern blenden vom Glanz der Goldes - und das Orchester kulminiert in Wagners prachtvoller Des-Dur-Apotheose.
(Fridemann Leipold)