Bildquelle: © Peter Kreitmeir
Hineingeboren in eine alteingesessene jüdische Familie in Prag, mitten im Vielvölkerstaat Österreich, katholisch verheiratet, unter der NS-Herrschaft zwangsgeschieden und interniert in Theresienstadt, um ein Haar den Transporten ins Vernichtungslager entkommen, mit tschechischem Pass nach Deutschland ausgewandert und unter die sudetendeutsche Landsmannschaft gemischt: Der Komponist Hans Winterberg kämpfte zeitlebens mit seiner Nationalität und Identität. Seine Biografie zu rekonstruieren ist nicht einfach, zumal er manche Spuren selbst verwischt zu haben scheint. Treu geblieben ist er jedoch seinen musikalischen Wurzeln. Winterberg ist einer der bedeutendsten Vertreter der tschechischen Musik des 20. Jahrhunderts. Von kaum einem anderen Komponisten seiner Generation wurden so viele Werke eingespielt. Nach seinem Tod jedoch wurde über seinen Nachlass vertraglich ein Verbot verhängt, das die Aufführung seiner Werke bis ins Jahr 2031 untersagen sollte. Sollte verheimlicht werden, dass Hans Winterberg Jude war? Sollten seine Nationalität und Identität vielleicht sogar weiterhin unklar bleiben? Dank der Initiative seines Enkels und der Musikwissenschaftler von exil.arte, der Österreichischen Koordinationsstelle für Exilmusik, werden sie nun herausgegeben und dürfen wieder erklingen. Andreas Pehl hat sich auf eine Spurensuche nach dem österreichisch-sudetendeutsch-jüdisch-tschechischen Komponisten gemacht, der in einem privaten Tonbandmitschnitt seine Frau erbost fragt: Nationalität? Was ist denn das für ein rückständiger, verquerer Begriff!?