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Mittwoch, 14.10.2020

12:05 bis 14:00 Uhr

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Ralph Vaughan Williams | Bildquelle: National Portrait Gallery, London

Bildquelle: National Portrait Gallery, London

Aus dem Studio Franken Mittagsmusik

Mit Tobias Föhrenbach

Bis Mitte 2022 gab es die Sendung "Mittagsmusik" auf BR-KLASSIK. Hier könnnen Sie weiterhin in den Archiven der Sendung schmökern.

Es gibt Berufe, die kann man nicht mehr ausüben, wenn man die 60 überschritten hat, und es gibt Berufe, für die es keinerlei Altersgrenze gibt - zumal im Künstlerischen, wo es nicht auf die körperlichen, sondern auf die geistigen Kräfte ankommt. Schriftsteller, Maler und Komponisten können bis ins hohe Alter ihre Profession pflegen. Voraussetzung ist freilich, dass Talent und Phantasie lebendig bleiben. "Mit 25 kann jeder Talent haben, das Problem ist, es auch noch mit 50 zu haben", meinte der Maler Edgar Degas. Ein tragischer Fall war in dieser Hinsicht der der US-amerikanische Komponist Aaron Copland. Als er Ende der 1960er Jahre die 70 ansteuerte, versiegten seine kreativen Kräfte, und er komponierte nichts mehr nennenswertes, obwohl er noch über zwanzig Jahre leben sollte. "Es war, als hätte jemand einfach den Wasserhahn zugedreht", klagte er. Indes kennt die Musikgeschichte viele Komponisten, die auch noch über 70 kreativ blieben. Unter der Überschrift "Alter schützt vor Tonkunst nicht - Komponisten mit einem langen Leben" stellen wir im Thema der Woche jeden Tag einen dieser Ewig-Kreativen vor.

Ralph Vaughan Williams - ein Symphoniker mit langem Leben

Der dritte in unserer Galerie von Komponisten mit einem langem schöpferischen Leben ist Ralph Vaughan Williams. Er gehört der ersten englischen Komponistengeneration nach Edward Elgar an. 1872 kam er zur Welt, 1958 starb er im Alter von 86 Jahren. Wie Bartók in Ungarn und Manuel de Falla in Spanien profilierte sich Vaughan Williams als Musikethnologe - als Forscher und Sammler, Arrangeur und Herausgeber englischer Volkslieder. Als Komponist schuf er in allen Formen und Gattungen: Opern, Ballette und Filmmusik, konzertante Werke, Klavier- und Kammermusik, Lieder- und Chorkompositionen. Im Zentrum seines Schaffens stand gleichwohl die Orchestermusik, zumal die Symphonie. In den fünf Jahrzehnten zwischen 1908 und 1958 schuf er nicht weniger als neun Werke der Gattung - die seit Beethoven magische Anzahl also. Die "Achte" - vollendet 1955 - ist die kürzeste der neun Symphonien. Ihr Finale ist eine kraftvolle Toccata, die mit massivem Schlagzeugeinsatz auftrumpft: Fünf Spieler traktieren ein ganzes Arsenal von Perkussionsinstrumenten, darunter Xylophon, Gongs und Glocken. Der Schluss ist gebieterisch, großartig, majestätisch - mit zwei Worten: "Very British".

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