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Donnerstag, 15.10.2020

12:05 bis 14:00 Uhr

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Robert Stolz | Bildquelle: picture-alliance/dpa

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Aus dem Studio Franken Mittagsmusik

Mit Tobias Föhrenbach

Bis Mitte 2022 gab es die Sendung "Mittagsmusik" auf BR-KLASSIK. Hier könnnen Sie weiterhin in den Archiven der Sendung schmökern.

Musikalische "alte Herren" sind das Thema der Woche in der Mittagsmusik dieser Tage - komponierende Senioren, die bis ins hohe Alter ihre Profession betrieben. Unter der Überschrift "Alter schützt vor Tonkunst nicht - Komponisten mit einem langen Leben" stellen wir Ihnen jeden Tag einen vor. Nach dem Franko-Belgier François-Joseph Gossec, dem Italiener Giuseppe Verdi und dem Engländer Ralph Vaughan Williams ist der vierte in unserer Galerie der österreichische Komponist und Dirigent Robert Stolz.

Robert Stolz - der Schlager- und Operetten-Altmeister

"War Lehár ein kleiner Puccini, dann war Stolz ein kleiner Schubert", schrieb Marcel Prawy, der Operndramaturg und einst höchst populäre Radio- und Fernsehautor. Was an seinem Bonmot allerdings ein bisschen hinkt, das ist die Tatsache, dass Franz Schubert mit 31 Jahren verstarb, Robert Stolz aber 95 wurde. Als Komponist war er der große Altmeister des Schlagers und der Wiener Operette. 1880 wurde er in Graz geboren, 1975 ist er in Berlin gestorben. Dazwischen lagen als Lebensstationen Salzburg, Brünn, Wien, Berlin, Paris, die USA und wieder Wien. Über all die Jahre komponierte und dirigierte Robert Stolz kontinuierlich bis ins hohe Alter. Am Ende hatte er ein riesiges Œuvre geschaffen - so trägt der späte Marsch der Vereinten Nationen die Opuszahl 1275. Unzählige seiner Lieder wurden zu unvergesslichen Evergreens und sind in der Welt bekannter als der Name Robert Stolz selbst. "Im Prater blüh'n wieder die Bäume" und "Die ganze Welt ist himmelblau" gehören dazu, "Mein Liebeslied muss ein Walzer sein" und "Zwei Herzen im Dreivierteltakt" oder auch "Wien wird schön erst bei Nacht" und das Liebesduett "Wenn sich zwei, wie wir, gegenüberstehn" aus der Film-Operette "Frühjahrsparade". Alle diese Stücke haben unwiderstehlichen melodischen Charme und sind oft von einer geradezu quälenden Schönheit. Insofern war Robert Stolz in der Tat "ein kleiner Schubert".

Der UNO-Marsch - Musik eines 90-Jährigen

Doch Robert Stolz konnte auch zupackend und mitreißend komponieren. Ein Beispiel dafür ist jener UNO-Marsch. Er entstand im Jahr 1970, anlässlich des 25. Jubiläums der Gründung der United Nations, der Vereinten Nationen. Stolz, der in jenem Jahr 90 wurde, schrieb den Marsch auf Anregung eines engen, langjährigen Freundes. Es war der schwarze US-amerikanische Diplomat und Bürgerrechtler Ralph Bunche, der von 1967 bis 1971 stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen war. Der UNO-Marsch ist ein unverkennbar österreichischer Marsch - weniger streng und zackig als ein deutscher, dafür umso verwegener, schneller und schmissiger - ein beschwingter Festmarsch, komponiert von einem 90jährigen.

"Ein schöner Herbst" - Musik eines 83-Jährigen

Robert Stolz, der Schlagerkomponist. "Robert, Du bist ein Drei-Minuten-Genie", sagte einmal Marcel Prawy zu ihm und spielte damit darauf an, dass sich fast alle seiner Lieder im zeitlichen Rahmen des Schlagerformats bewegen - auch der UNO-Marsch, und auch das Französische Lied aus dem letzten Bühnenwerk des Komponisten, aus der 1963 in Wien uraufgeführten Musikalischen Komödie "Ein schöner Herbst". Robert Stolz bedient in dem kleinen Lied eines einfachen, naiven, lebenslustigen Mädchens beliebte Klischees französischer Musik - natürlich wie stets mit genialer, leichter, lockerer Hand: Die behagliche Musette und der flinke Cancan lassen grüßen. "Vive l'amour et vive Paris!"

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