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Ob "Aida“, "Die Zauberflöte" oder "Carmen": Viele beliebte Opern verlangen nach einem neuen, kritischen Blick. Die musikwissenschaftliche Forschung fragt zunehmend, welche Rolle Ethnizität in Musik spielt, also wie ethnische und religiöse Identität dargestellt und mehr oder weniger pauschal vertont ist. Insbesondere der Exotismus in Kompositionen des 19. Jahrhunderts, befeuert vom Kolonialismus westeuropäischer Länder, erweist sich bei näherem Hinsehen oft als rassistisch. Klischees und unwürdige Stereotype lassen sich entdecken. Zugleich gelingt es etwa einem Komponisten wie Giuseppe Verdi, seinen Otello musikalisch als vielschichtigen Charakter zu zeichnen - als Mensch fern aller Klischees. In den USA hat sich ein Forschungszweig zu "Blackness in Opera" entwickelt, vertreten etwa von der Musikwissenschaftlerin Naomi André. Sie leistet mit anderen Kolleginnen und Kollegen wichtige Grundlagenarbeit. In Deutschland steckt die Musikforschung zu Aspekten der kulturellen Identität in ihrer ganzen Vielfalt oft noch in den Kinderschuhen. Ein Grund: Rassismus in Opern sei ein "komplexes Phänomen", sagt die Musikwissenschaftlerin Cornelia Bartsch. Historische Zusammenhänge sind zu beachten, kompositorische Konventionen und Vieldeutigkeiten. Hinzukommt, dass Aspekte wie Klasse und Geschlecht bei der Analyse nicht zu vernachlässigen sind. Also warum ist Carmen als so genannte Zigeunerin zugleich eine Femme fatale und Fabrikarbeiterin? Der Musikwissenschaftler Arne Stollberg plädiert für einen aufgeklärten Umgang mit den heiklen, uns heute irritierenden Spuren von Rassismus in Opern.