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Unter dem Motto "Alla Rustica" unternehmen wir im Thema der Woche in der Mittagsmusik dieser Tage Ausflüge aufs Land - musikalische Landpartien, gewissermaßen. Auf dem Programm: Musik von Komponisten aus der Barockzeit bis zur Moderne des 20. Jahrhunderts, inspiriert von Stimmungen und Ansichten, Ereignissen und Begebenheiten des ländlichen, dörflichen, bäuerlichen, eben des rustikalen Lebens. Jeden Tag präsentieren wir Ihnen Beispiele von solcher Klassik "alla Rustica" aus diversen Regionen der Welt. Wenn Musik aufs Land geht…
Sinfonie mit Dudelsack und Drehleier
Nach unseren musikalischen Ausflügen ins ländliche Italien am Montag geht's am Dienstag ins Böhmische, Österreichische, Süddeutsche. Leopold Mozart wurde 1719 in Augsburg geboren. Für viele ist er einfach nur der Vater von Wolfgang Amadeus. Doch Mozart Senior war (natürlich) weit mehr. Er war ein angesehener Geiger, ein exzellenter Lehrer, ein geistvoller musikpädagogischer Schriftsteller und auch ein Komponist von Rang. Sinfonien und Solokonzerte hat er geschrieben, Klavier- und Kammermusik sowie geistliche Werke. Berühmt wurden seine Programm-Sinfonien. Sie tragen Beinamen wie "Musikalische Schlittenfahrt", "Sinfonia da Caccia" (Jagdsinfonie) oder "Die Bauernhochzeit" und beziehen ein Instrumentarium mit ein, das nicht zum herkömmlichen klassischen Orchester gehört, darunter "Geräuschmacher" wie Rassel, Kuhglocken und Schellengeläut oder - wie in der "Bauernhochzeit" - die Volksmusikinstrumente Dudelsack und Drehleier. Es ist ein musikalischer Realismus, der hier zum Tragen kommt; im ersten Satz der "Bauernhochzeit" noch verstärkt durch die Zurufe und Pfiffe der Orchestermusiker, die sich wie Bauernburschen zu gerieren haben. "Marcia villanesca" ist dieser Eröffnungssatz überschrieben - ein Marsch nach der Art der Villanesca, einem ländlichen Volksliedtypus aus der Region von Neapel.
Jenseits vom Städtischen
Unser zweites Beispiel für Musik "alla Rustica" am Dienstag kommt von Karl Goldmark, österreichischer Komponist ungarischer Abstammung, geboren 1830, gestorben 1915. Im Wiener Musikleben gehörte er seit den 1860er Jahren zu den unumstrittenen, anerkannten Größen neben Brahms, Hanslick und Hellmesberger. Darüber hinaus war Goldmark regelrecht eine "Instanz" in der europäischen Musikkultur des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts; Jean Sibelius zählte zu seinen Kompositionsschülern in Wien. Goldmarks Ruhm als Komponist beruhte einerseits auf seiner 1875 in Wien uraufgeführten Oper "Die Königin von Saba", die einen sensationellen, lange anhaltenden Erfolg erzielte, andererseits auf seiner Sinfonie "Ländliche Hochzeit" von 1876. Sie war das wohl meist gespielte symphonische Werk der damaligen Zeit und stellte in der Folge sogar die Aufführungszahlen der Brahms-Symphonien in den Schatten. Wie die rund zweihundert Jahre vorher entstandene Sinfonie von Leopold Mozart beschreibt auch Goldmarks Sinfonie eine Bauernhochzeit, die er aber in dezidierter Abgrenzung zum Städtischen ländlich nannte. Fünf Sätze hat sie. An dritter Stelle steht ein charmanter, lieblicher Satz, überschrieben mit "Serenade". Nicht zuletzt die "pastoralen" Holzbläser lassen eine lichte, helle Atmosphäre entstehen - relaxed, gemütlich, behaglich. Musik "alla Rustica" des späten 19. Jahrhunderts.