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"Alla Rustica - Musikalische Landpartien". So lautet das Thema der Woche in der Mittagsmusik dieser Tage. Unter dieser Überschrift präsentieren wir Ihnen jeden Tag Musik, die inspiriert ist durch das Ländliche, das Dörfliche, das Bäuerische - mit einem Wort durch das Rustikale. Unsere Beispiele kommen dabei aus der Kunstmusik von der Barockzeit bis zur Moderne des 20. Jahrhunderts. Immer sind sie idyllisch und pittoresk in der Anmutung, manchmal ausgelassen, manchmal beschaulich im Charakter und im Tonfall vielfach folkloristisch.
Mit Haydn aufs Land
Auf unsere musikalischen Landpartien am Mittwoch führt uns Joseph Haydn - der Wiener Klassiker, der vielleicht größte und zugleich unauffälligste Revolutionär der Musikgeschichte, der Vater von Sinfonie und Streichquartett in ihrer klassisch konsolidierten Form, der Erfinder der motivisch-thematischen Arbeit. Doch Joseph Haydn war auch ein Meister des Volkstümlichen. Der Sohn eines Wagenbauers und Marktrichters, der im ländlichen Ambiente des niederösterreichischen Städtchens Rohrau aufgewachsen war, beherrschte nicht nur die symphonische oder kunstmusikalische Hochsprache. Er besaß auch die Fähigkeit, sozusagen dem Volk "aufs Maul zu schauen, und in einer Art "musikalischer Umgangssprache" zu komponieren. Immer wieder führt uns seine Musik aus den Schlössern und Palais des Adels, aus den Kirchen und den bürgerlichen Konzertsälen hinaus aufs Land - zu den einfachen Leuten, den Handwerkern und Bauern.
Das Menuett als Ländler
Dies demonstriert unser erstes Beispiel: der dritte Satz aus der Sinfonie Nr. 94, die bekannt ist als "Paukenschlag-Sinfonie". Dieser dritte Satz ist zwar mit Menuett überschrieben, doch er hat nur wenig von diesem höfischen Tanztypus. Er legt die aristokratische Attitüde ab und wird gewissermaßen dem dritten Stand zu eigen gemacht. Diese Musik ist kein Menuett, es ist ein Ländler, ein Volkstanz also - stämmig-rustikal, bäuerisch-bodenständig.
Das Wein- und Erntefest der Landleute
Haydn im "Volkston" - im dritten Satz der "Paukenschlag-Sinfonie" hört man ihn in der Adaption des Ländlers, eines volkstümlichen Tanztypus aus dem süddeutschen und alpenländischen Raum. "Meine Sprache versteht man durch die ganze Welt" - dass Haydn dies mit Fug und Recht von seiner Musik sagen, liegt auch an ihrer Volkstümlichkeit. Die volkstümlichen Elemente dieser Tonsprache - im Schlusschor des Herbst-Teiles seines späten Oratoriums "Die Jahreszeiten" hat sie Haydn wie in einer Zusammenfassung versammelt. Und der Gesangstext listet diese Elemente sogar auf: "Nun tönen die Pfeifen / Und wirbelt die Trommel. / Hier kreischet die Fiedel, / Da schnarret die Leier / Und dudelt der Bock." (wobei "der Bock" im süddeutschen-österreichischen Sprachgebrauch den Dudelsack meint). Das Wein- und Erntefest der singenden und tanzenden Landleute im Oratorium "Die Jahreszeiten" - es ist ein Kompendium von Haydns volksmusikalischen Stilmitteln. Haydn "alla Rustica"