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Unter dem Motto "Alla Rustica" unternehmen wir im Thema der Woche in der Mittagsmusik dieser Tage Ausflüge aufs Land - musikalische Landpartien, gewissermaßen. Auf dem Programm: Musik von Komponisten aus der Barockzeit bis zur Moderne des 20. Jahrhunderts, inspiriert von Stimmungen und Ansichten, Ereignissen und Begebenheiten des ländlichen, dörflichen, bäuerlichen, eben des rustikalen Lebens. Jeden Tag präsentieren wir Ihnen Beispiele von solcher Klassik "alla Rustica" aus diversen Regionen der Welt.
Mittsommernacht in Schweden
Unser letzter musikalischer Ausflug am Freitag führt nach Skandinavien - ins ländliche Ambiente Schwedens. Wie in den anderen skandinavischen Ländern und im Baltikum feiert man auch dort die Sommersonnenwende ausgiebig, wird es doch im hohen Norden in den Juni-Nächten kaum dunkel. "Midsommar" nennt man das Mittsommerfest in Schweden, wo es zu den wichtigsten nationalen Festen gehört. Man singt und tanzt, es gibt traditionell Heringe, junge Kartoffeln mit Sauerrahm und Schnittlauch, Knäckebrot, viel Bier und Schnaps und zum Nachtisch Erdbeeren mit Sahne. Und dazwischen werden sogar rituelle Handlungen vollzogen, wie das Pflücken von sieben Arten wilder Blumen.
Schwedischer Nationalklassiker
Das bunte Treiben eines schwedischen Mittsommerfestes auf dem Land hat Hugo Alfvén unvergesslich für alle Zeiten musikalisch eingefangen, und zwar in seiner Schwedischen Rhapsodie Nr. 1 mit dem Titel "Midsommarvaka". Alfvén, der 1872 in Stockholm zur Welt kam und 1960 in Falun starb, war eine genialische Mehrfachbegabung: ein Dirigent, Geiger und Komponist, ein gefragter Theorie- und Kompositionslehrer, zudem ein eloquenter Schriftsteller und talentierter Maler. Neben Stenhammar ist er der bedeutendste schwedische Nationalklassiker und gilt in Skandinavien als Pendant zu Sibelius aus Finnland, Edvard Grieg aus Norwegen und Carl Nielsen aus Dänemark.
Romantisches Rustico
Gerade die Orchesterrhapsodie "Midsommarvaka" offenbart Alfvén als echten schwedischen Nationalkomponisten. Die 1903 entstandene Partitur ist durchweht vom Geist der Tänze und Lieder der schwedischen Folklore und dadurch zugleich auch ein leuchtendes Beispiel für skandinavische Musik "alla Rustica". Gleich der Anfang ist dafür typisch: Über einer charakteristischen Begleitfigur, von den Angelsachsen lautmalerisch als "Um-pah-Um-pah"-Begleitung bezeichnet, erklingt im dudelnden Mix der Holzbläser (Klarinette, Flöte und Oboe, Fagott) das Hauptthema. Man kennt es auf der ganzen Welt; den Deutschen ist es als "Schweden-Polka" vertraut, gesungen zu den Worten "Komm, Schwedenmädel, tanz mit mir". Die Melodie ist ein Gassenhauer, ein Schlager und dabei so etwas wie das tönende Logo der schwedischen Nation. Nach dem stämmigen, manchmal fast derben Eröffnungsteil in D-Dur folgt als Mittelteil ein poetisches Andante in h-Moll mit verträumten Englischhorn-Solo zu Harfenbegleitung und grandioser, majestätischer Steigerung. Danach kehrt der Eröffnungsteil mit dem Hauptthema wieder, ergänzt um weitere Dorftanz-Themen mit schmetternden Hörnern, Triangel-Geklingel und den Bordun-Bässen, jenen ostinaten "leeren" Quintern zur Imitation von Dudelsack und Drehleier. Alles verbindet sich zu einem einzigartigen romantischen Rustico, Triumph schwedischer Tonkunst im Zeichen des Volkstümlichen.