Bildquelle: Astrid Ackermann
Mit dem Engagement des 43-jährigen Pianisten Kirill Gerstein als "Artist in Residence" ist dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ein Coup gelungen, konnte der in Russland geborene, in Amerika ausgebildete und in Berlin lebende Künstler doch in verschiedenen Konzertformaten seine ganze Vielfalt demonstrieren. Mit einem weiteren Kraftakt beschließt Gerstein nun seine Münchner Residenz: An einem Abend spielt er, getrennt nur durch die Konzertpause, die beiden Klavierkonzerte von Maurice Ravel. "Es war ein interessantes Experiment, die beiden Konzerte gleichzeitig zu konzipieren", bekannte der Komponist Ende der Zwanziger Jahre. Nicht nur, dass sie im Charakter ganz unterschiedlich ausgefallen sind: Hier das hell funkelnde G-Dur-Konzert, dort das dunkel glühende Gegenstück in D-Dur. Beim D-Dur-Konzert kam als besondere Herausforderung für Ravel noch hinzu, dass es ausschließlich mit der linken Hand realisierbar sein musste - denn der Auftraggeber war der kriegsversehrte Pianist Paul Wittgenstein. Trotz dieser Einschränkung hatte Ravel den Anspruch, einen vollgriffigen Klangeindruck zu erzielen. Was beide Konzerte verbindet, ist die gelungene Synthese aus Klassik und Jazz, den Ravel in den USA kennen- und schätzen gelernt hatte. Und dafür ist Kirill Gerstein genau der richtige Mann, ist er doch in beiden Genres zuhause. Am Pult des BRSO gibt der 1970 in Turin geborene Antonello Manacorda sein Debüt, der als Geiger begann und als Dirigent von dem legendären finnischen Lehrmeister Jorma Panula geprägt wurde. Seine Erfahrung in historisch informierter Aufführungspraxis, die Manacorda seit 2010 als Chefdirigent bei der Kammerakademie Potsdam einbringen kann, dürfte ihm vor allem bei den beiden frühen Schubert-Symphonien zugutekommen, die Manacorda in München präsentiert: Die Dritte in D-Dur, mehr noch die Sechste, die "Kleine C-Dur-Sinfonie" zeigen, wie der junge Schubert in der Auseinandersetzung mit der Tradition der Wiener Klassik zwischen Volkslied und Tanzboden zu seiner eigenen Handschrift fand.