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"Wieso nur spielen, was wir verstehen und kennen? Lieber vorwärts schauen und Neues finden. Wie aufregend, etwas nicht zu verstehen!" Ganz schön mutig, sowas als Credo zu formulieren. Aber die Geigerin Patricia Kopatchinskaja traut sich halt was. Getrieben von einer unbändigen Neugier, von schier unerschöpflicher Fantasie und Energie, mischt sie den Klassikbetrieb auf - indem sie neue Konzertformate entwickelt, sich der historischen Aufführungspraxis öffnet, das Standardrepertoire neu befragt, unzählige Uraufführungen realisiert und unter dem Pseudonym "PatKop" mittlerweile selbst komponiert. Und sogar ihre Stimme als hochmusikalische Performerin einsetzt, etwa in Schönbergs Melodram "Pierrot Lunaire". 1977 in der damals sowjetischen Republik Moldau geboren, emigrierte Patricia Kopatchinskaja als Zwölfjährige mit ihrer Familie nach Wien, wo sie auch studierte, später noch im beschaulichen Bern, wo sie seither mit Mann und Tochter lebt. Ihre Bühnenpräsenz ist von elektrisierender Wirkung, denn sie gibt alles und riskiert was. Kein Wunder, dass ihr Ideal beim Geigenspiel nicht der pure Schönklang ist. In der Reihe "Musikfrauen" spricht Patricia Kopatchinskaja über ihre Rolle als Musikerin, die sich nicht um Konventionen schert und erfolgreich Überzeugungsarbeit leistet. Aus ihrer riesigen Diskografie wird sie in repräsentativen Beispielen zu erleben sein, etwa wenn sie mit Giovanni Antonini Vivaldi musiziert, mit der Camerata Bern einen Eisler-Song oder mit ihrem Vater Viktor am Zymbal rumänische Foklore. Ihre Rolle als Frau, Mutter und Musikerin hat Patricia Kopatchinskaja zusammen mit der gleichgesinnten Sopranistin Anna Prohaska im Album "Maria Mater Meretrix" reflektiert - und damit die überholten Klischeebilder von der Frau als Heilige, Mutter oder Hure infrage gestellt.