Bildquelle: Ákos Stiller
Iván Fischer, 1951 in Budapest geboren und seit vierzig Jahren Leiter des von ihm gegründeten Budapest Festival Orchestra, ist seit 1990 regelmäßig zu Gast beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Diesmal dirigiert er ein besonders spannendes Programm mit einem französischen Schwerpunkt im Hauptteil, der von der griechischen Antike inspiriert scheint. So beziehen sich die rätselhaften Titel der melancholischen "Gymnopédies" und der exotischen "Gnossiennes" von Erik Satie wohl auf rituelle Nackttänze von Jünglingen in Sparta beziehungsweise auf Wiegetänze von Mädchen aus Knossos - Fischer präsentiert je ein Beispiel aus beiden Klavierzyklen, die längst Kultstatus haben, in den feinsinnigen Orchestrationen von Francis Poulenc und Claude Debussy. Von dem Satie-Freund Debussy gibt es zuvor eine Pflichtübung des 25-Jährigen, die er als Rompreis-Stipendiat 1887 abzuliefern hatte: Debussys "Printemps" über das Erwachen der Natur durchlief mehrere Metamorphosen - die letztgültige Version als "Symphonische Suite" überließ er dann gleich dem jungen Kollegen Henri Büsser. Dessen klangsinnliche Instrumentation hat Debussys Talentprobe aber nicht geschadet - und wer würde beim einleitenden Flöten-Solo nicht an den späteren "Nachmittag eines Fauns" denken? In ein bacchantisches Traum-Arkadien führt zum Schluss die zweite Suite aus dem farbenprächtigen Ballett "Daphnis et Chloé" von Maurice Ravel. Im ersten Konzertteil bleibt Fischer repertoiremäßig in seiner Heimat und huldigt einer Vaterfigur der ungarischen Musik, Ernst von Dohnányi. Sein populärstes Werk, die "Variationen über ein Kinderlied" für Klavier und Orchester von 1914, wird hierzulande kaum gespielt, dabei hat Dohnányi hier seine stilistische Wandlungsfähigkeit raffiniert unter Beweis gestellt - von Walzer und Marsch bis zu Choral und Fuge. Das Thema stammt aus dem französischen Volkslied "Ah! vous dirai-je, maman", das schon Mozart so brillant variiert hat - und das wir als "Morgen kommt der Weihnachtsmann" kennen! Für den hochvirtuosen Klavierpart hat Iván Fischer seinen Landsmann Zoltán Fejérvári aus Budapest mitgebracht. Und die "Symphonischen Minuten" von Dohnányi, eine kurzweilige Suite von Charakterstücken, sind das perfekte Eröffnungsstück für den facettenreichen Abend.