Bildquelle: Thommy Eliassen
Im Norden, heißt es, wohne die Zukunft. Glänzende Pisa-Studien, kostenlose Kita-Plätze, neue Konzert- und Opernhäuser, digitale Wahlen - die Skandinavier und Balten scheinen einfach alles richtig zu machen. Schon ihre geographische Lage privilegiert sie: Der Klimawandel, der dem Süden immer wüstenähnlichere Zustände beschert, sorgt hier allenfalls für mildere Temperaturen, und auch die globale Flüchtlingsproblematik besitzt in Helsinki oder Vilnius eine andere Dringlichkeit als auf der italienischen Insel Lampedusa. Trotzdem ist der Norden nicht aus der Welt, und man muss nicht die Terroranschläge in Dänemark bemühen oder die Angst des Baltikums vor einem Übergriff Russlands, um dies festzustellen. Auf eine höchst besondere Weise hat seine Musik diese Ambivalenz stets einzufangen gewusst - halb von der Sehnsucht nach dem kontinental-europäischen Herzschlag getrieben, halb im Sog der eigenen Mythen und Mystik befangen. Das Licht und die Landschaften fließen dabei ebenso ins Pastell der sagenhaften nordischen Klangfarbe mit ein wie das Bedürfnis, diese Landschaften mit Erzählungen zu bevölkern, mit Gesang - und zwar jenseits jeden »Nationalstils« und aller Klischees. Wie klingt der Norden? Dieser Frage stellen sich der finnische Pianist Antti Siirala, die litauische Dirigentin Giedre Slekyte und der dänische Komponist Simon Steen-Andersen. Es moderiert Christine Lemke-Matwey.