Bildquelle: Irène Zandel
Frank Peter Zimmermann, Jahrgang 1965, ist nicht nur ein überragender Geiger, sondern auch ein ausgesprochen neugieriger Musiker, der sich auch abseits des Mainstreams immer wieder neuen Herausforderungen stellt. Jüngstes Beispiel dafür war sein Auftritt beim 4. Akademiekonzert der laufenden Saison mit dem Bayerischen Staatsorchester unter der Leitung seines Generalmusikdirektors Vladimir Jurowski. Da spielte Zimmermann das dritte und letzte Violinkonzert des italienischen Spätromantikers Ottorino Respighi von 1921, das die späte Vorliebe des Komponisten für den gregorianischen Choral schon im Titel trägt. Folglich führt das hochvirtuose, gleichwohl dankbare "Concerto gregoriano" in sakrale Klangwelten voller kirchentonaler Wendungen, impressionistischer Stimmungen und hymnischer Töne. Der Solopart ist überaus kantabel angelegt, zwischen andächtiger Gebetshaltung und überschwänglichem Schlussjubel kann Zimmermann alle Register seines Könnens ziehen - "wie ein Kantor in einer alten religiösen Zeremonie", meinte der amerikanische Musikkritiker Philip Hale einmal, "wobei das Orchester den Chor der Gläubigen verkörpert". Als Hauptwerk dirigierte Jurowski mal keine Symphonie von Johannes Brahms, sondern eine Vorstufe dazu, die sechssätzige erste Serenade - in dem leichteren Genre wollte sich Brahms zur großen, durch Beethoven vorbelasteten Form vortasten. Und an den Anfang setzte Jurowski eine kleine Hommage zum 150. Geburtstag von Arnold Schönberg: Die "Begleitungsmusik zu einer Lichtspielszene" von 1930 verdankt sich dem Firmenjubiläum eines Magdeburger Musikverlags, der vor der Tonfilm-Ära Stücke zum Einsatz in Lichtspielhäusern in Auftrag gab. Da Schönberg keinen fertigen Film untermalen musste, konnte er seiner Fantasie freien Lauf lassen. Die Untertitel der hochexpressiven zwölftönigen Komposition, "Drohende Gefahr, Angst, Katastrophe", lassen im Kopf der Hörerinnen und Hörer sofort imaginäre Bilder entstehen - vermutlich zu einem Thriller.