Bildquelle: Navina Neuschl
Soll Kunst uns aus der harten Wirklichkeit entführen und uns ein Klangbett für erholsame Weltflucht bieten? Oder soll sie die Themen und Stimmungen aufgreifen, die uns alle in unserem Alltag beschäftigen? Das ist eine uralte Frage - und im optimalen Fall kann Musik beide Ansprüche erfüllen. Bestes Beispiel: Das „Stegreif Orchestra“ beim Eröffnungskonzert des Musikfests ION am 28. Juni in St. Sebald Nürnberg. Dieses „Improvising Orchestra“ hat eines der zentralen Themen unserer Zeit aufgegriffen: Nachhaltigkeit. Am Anfang des Projekts stand unter dem Motto „#bechange“ die Beschäftigung mit den 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN). Die Ideen und Anregungen hat Stegreif aufgegriffen und in ein musikalisch-szenisches Gesamtkunstwerk einfließen lassen. Basis ist die Musik von vier Komponistinnen: Hildegard von Bingen, Wilhelmine von Bayreuth, Clara Schumann und Emilie Mayer. Ihre Motive verknüpft Stegreif zusammen mit atemberaubenden Improvisationen zu einer vielgestaltigen und überwältigenden Collage, zu der etwa auch die Bewegungen der Musikerinnen und Musiker durch den Kirchenraum gehören oder zugespielte Kinderstimmen, die nachdenklich über ihre Zukunft auf dieser Welt reflektieren. Das alles ist keineswegs verkopft, sondern in höchstem Maße effektvoll, leidenschaftlich musiziert und unterhaltsam - und bleibt dadurch „nachhaltig“ im Gedächtnis wie im Herzen.