Bildquelle: © Piergab
Es war eine Zusammenarbeit der Superlative: Voltaire, der große Philosoph und brillante Geist der Aufklärung, schrieb 1733 ein fünfaktiges Opernlibretto für Jean-Philippe Rameau, den führenden französischen Komponisten der Zeit. Doch die Oper nach dem Samson-Stoff aus dem Buch der Richter wurde von der Zensur verboten: Verdacht auf Blasphemie - kein Wunder bei einem bekannten Kirchenkritiker wie Voltaire! Zumal die Philisterin Dalila bei ihm keine abgebrühte Verführerin ist, sondern ihren Verrat an Samson derart bereut, dass sie sich das Leben nimmt. Voltaire ließ den Text später trotz allem drucken, die Musik von Rameau ging jedoch verloren. Fasziniert von diesem grandios gescheiterten Projekt, begaben sich Dirigent Raphaël Pichon und Regisseur Claus Guth auf kreative Spurensuche: Anhand von Voltaires Vorlage entwickelte Guth ein neues Szenario, das die biblische Geschichte von Samson und seinen übermenschlichen Kräften in die Gegenwart katapultiert. Am Ort eines Selbstmordattentats, durch das Samson viele Menschen in den Tod gerissen hat, versucht seine fassungslose Mutter im Rückblick zu verstehen, wie es soweit kommen konnte. Und die Musik? Die stammt tatsächlich von Rameau und wurde von Pichon aus vielen bekannten und unbekannten Stücken des Komponisten zusammengestellt. Somit war es eine Welturaufführung, die das Festival d'Aix-en-Provence am 4. Juli auf die Bühne des Théâtre de l’Archevêché brachte. Eine hochemotionale Geschichte von Aggression und Liebe, Intoleranz und einsamem (Anti-)Heldentum!