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In memoriam Pierre Boulez
Komponisten der Nachkriegsmoderne wie György Ligeti, Luigi Nono, Karlheinz Stockhausen und Hans Werner Henze gehörten zur gleichen Altersgruppe wie Pierre Boulez. Doch kaum ein anderer prägte das französische und internationale Musikleben so sehr wie der Musiker aus Montbrison an der Loire, der als Komponist, Dirigent, Theoretiker und Gründer wichtiger Institutionen stetig Neues erschloss. Bei diesem räsonanz - Stifterkonzert der Ernst von Siemens Musikstiftung präsentiert Franck Ollu mit dem außergewöhnlichen Orchester "Les Siècles", das sich wie kein zweites quer durch die historischen Epochen der Musikgeschichte zu bewegen weiß, zwei von Boulez’ Schlüsselwerken: das Orchesterstück "Eclat-Multiples", das auf raffinierte Weise vom kalkulierten Rubato lebt, sowie den siebensätzigen Orchester- und Gesangszyklus "Pli selon pli" nach der gleichnamigen Dichtung von Stéphane Mallarmé, die zwischen Wortmagie und geheimnisvoller Hermetik changiert.
In der Musik von "Pli selon pli", die den Weg fortschreitet, den Debussy und Messiaen vorgezeichnet haben, wird die Lyrik Mallarmés nicht im herkömmlichen Sinn "vertont". Vielmehr wird sie - in Boulez’ Worten - mittels einer "Art von 'Inszenie- rung'" selbst zur Musik: "Der Titel 'Pli selon pli' wurde einem Gedicht Mallarmés entnommen, das in meiner klanglichen Übertragung nicht verwendet wird; es gibt dem Werk Sinn und Richtung vor. In diesem Gedicht beschreibt der Poet die Art und Weise, wie der sich auflösende Nebel nach und nach die Steine der Stadt Brügge erscheinen lässt. Genauso enthüllen auch diese fünf Stücke, während sie sich 'Falte für Falte' ('pli selon pli') entfalten, ein Porträt Mallarmés".
Gesangssolistin des Abends ist Sarah Aristidou, die sich in höchster Vollendung durch die stratosphärischen Höhen der Musik von Pierre Boulez zu bewegen weiß.