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Bislang hatte sich der Dirigent James Gaffigan beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks als Einspringer für Franz Welser-Möst und Zubin Mehta große Verdienste erworben. Jetzt präsentiert der gebürtige New Yorker beim BRSO sein erstes eigenes Programm - und das gibt sich denn auch ganz amerikanisch. Zwar ist Antonín Dvořák der einzige nicht-amerikanische Komponist des Abends, aber seine "Amerikanische Suite" entstand 1894 während Dvořáks New Yorker Aufenthalt. Diese Tanzsuite ist ein eigentümlicher Folklore-Mix aus der Neuen Welt und Dvořáks böhmischer Heimat. Suitencharakter hat auch die Serenade nach Platons "Symposion", die Leonard Bernstein 1954 für den Geiger Isaac Stern schrieb. So ungewöhnlich die Sujet-Wahl anmutet, nämlich der Liebesdisput der Philosophenrunde beim "Gastmahl" des Sokrates, so ungewöhnlich ist die Begleitung der Solovioline, die nur aus Streichern, Harfe und Schlagzeug besteht und - ganz Bernstein-like - mit Jazz-Elementen und Rock-Riffs aufwartet. Der melodienselige Solopart ist hochvirtuos und schwelgerisch angelegt - genau das Richtige für die niederländische Stargeigerin Janine Jansen. Für das BRSO ist dieses anspruchsvolle Stück zwischen Tagtraum und Höllenritt übrigens eine Premiere!. Als grellen Rausschmeißer serviert Gaffigan George Gershwins autobiografische Reiseskizze von 1928 "An American in Paris", die zwischen Blues und Charleston pendelt und sogar Autohupen einsetzt. Ganz zart und innig dagegen leitet Gaffigan sein US-Klangpanorama ein: Das kleine Stimmungsbild "Mother and Child", das der Afroamerikaner William Grant Still 1943 nach einer Skulptur geschaffen hat, ist mit seinem intim-verträumten Charakter eine Art Wiegenlied geworden.