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John Adams dirigiert John Adams! Es war eine Sensation, als der amerikanische Altmeister Mitte März zum Saison-Schwerpunkt "America" bei den Münchner Philharmonikern eigene Werke dirigierte. Zu Recht gilt der heute 78-jährige Adams neben Terry Riley, Steve Reich und Philip Glass zu den populärsten Vertretern der "Minimal Music". Seit den 1990-er Jahren bezeichnet sich Adams aber bewusst als Post-Minimalist, kombiniert er in seinen Kompositionen doch die typischen rhythmischen Patterns mit romantischen Klangfluten. So auch in seinem großfomatigen Orchesterwerk "Harmonielehre", das Adams nach Schönbergs musiktheoretischer Schrift benannt hat - mit dessen Zwölftonmusik hat das Werk allerdings wenig zu tun. Eher mit Mahlers und Wagners Welt, wovon nicht nur der Titel des zweiten Satzes "The Anfortas Wound" zeugt. Außerdem sang die Sopranistin Christiane Karg "Le Livre de Baudelaire" - unter diesem Titel orchestrierte Adams vier der fünf Klavierlieder, die Claude Debussy nach Gedichten aus Baudelaires berüchtigter Sammlung "Les Fleurs du Mal" komponiert hat. Debussy hatte da noch das "Gift des Wagnérisme" inhaliert - und wie auf ihrem zauberhaften Album "Parfum" faszinierte Christiane Karg auch live in den von Adams zart kolorierten Liedern mit verführerischen, morbide schillernden Melodien. Und als perfekten Opener hatte Adams seinen größten Hit, die Fanfare "Short Ride in a Fast Machine" an den Anfang seines denkwürdigen Gastspiels bei den Münchner Philharmonikern gesetzt. Mit atemberaubendem Drive macht die Miniatur eine Spritztour in einem Sportwagen zum Höllenritt - oder wie es John Adams mit einem Augenzwinkern selbst beschrieben hat: "Wissen Sie, wie es ist, wenn einen jemand einlädt, in einem tollen Sportwagen zu fahren - und man sich wünscht, man hätte abgelehnt?"