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Karina Canellakis, 1981 in eine New Yorker Musikerfamilie mit griechisch-russischen Wurzeln geboren, zählt zu den renommiertesten Dirigentinnen der mittleren Generation. Derzeit ist sie Chefdirigentin bei der Radio-Philharmonie im niederländischen Hilversum und Erste Gastdirigentin beim London Philharmonic Orchestra. 2020 debütierte Canellakis mit einem Corona-Konzert ohne Publikum beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Jetzt ist sie mit einem spannenden Programm zurück, das ein populäres Werk aus Frankreich mit Raritäten aus Finnland flankiert. Vor zehn Jahren hat die Münchner Pianistin mit japanischen Wurzeln Alice Sara Ott mit dem Klavierkonzert von Edvard Grieg beim BRSO debütiert. Nun ehrt Ott Maurice Ravel zum 150. Geburtstag mit dem funkensprühenden G-Dur-Klavierkonzert, das zwischen perkussivem Jazz-Idiom, baskischer Folklore und französischem Esprit zum Kontrast einen surreal traumverlorenen Mittelsatz bietet. Erst zum zweiten Mal in der Geschichte des BRSO präsentiert Karina Canellakis die komplette "Lemminkäinen"-Suite von Jean Sibelius. In diesen vier Legenden hat Sibelius Episoden aus dem finnischen Nationalepos "Kalevala" aufgegriffen, für ihn eine unerschöpfliche Inspirationsquelle. In der Suite werden die Abenteuer des Titelhelden Lemminkäinen, der eine Art nordischer Siegfried ist, geschildert, seine erotischen Eroberungszüge, seine Zerstückelung in der Unterwelt und seine Wiedererweckung durch die Zauberkräfte seiner Mutter. Dem finnischen Totenreich Tuonela und ihrem Wächter, einem schwarzen Schwan, hat Sibelius eine eigene Tondichtung innerhalb der Suite gewidmet, die mit ihrer magischen Klanggewalt zum Kultstück geworden ist. Und mit Musik aus Finnland eröffnet Canellakis ihr Konzert auch: Unter dem Titel "Lumière et pesanteur" hat die vor zwei Jahren verstorbene Komponistin Kaija Saariaho die achte Station aus ihrer Passion über die französische Philosophin Simone Weil als eigenständige Miniatur arrangiert. Musik voller Licht ist das, mystisch und kosmisch - die titelgebende Schwerkraft scheint aufgehoben.