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Mit einem Wunsch-Programm, das ein raffiniertes Beziehungsgeflecht auffächert, kehrt die zu Bayreuth-Ehren gelangte australische Dirigentin Simone Young zum Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks zurück. So kombiniert sie die "Lyrische Sinfonie" des Spätromantikers Alexander von Zemlinsky, Arnold Schönbergs Lehrer und Wegbereiter der Zweiten Wiener Schule, mit zwei gänzlich unterschiedlichen Kompositionen von Anton Webern und Alban Berg - bezeichnenderweise enstanden alle drei Werke in den 1920-er Jahren! Hauptwerk von Youngs grandiosem Programm ist Alexander von Zemlinskys monumentale "Lyrische Sinfonie", die er nach dem Vorbild von Gustav Mahlers "Lied von der Erde" schuf. In den vertonten Gedichten des bengalischen Nobelpreisträgers Rabindranath Tagore hat Zemlinsky die auf- und verblühende Liebe eines Mädchens zu einem jungen Prinzen in einen großen Bogen gespannt - wie ihm die "innere Zusammengehörigkeit der sieben Gesänge mit ihren Vor- und Zwischenspielen, die alle ein und denselben tiefenernsten, leidenschaftlichen Grundton haben", überhaupt sehr wichtig war. Mit der schwedischen Sopranistin Maria Bengtsson und dem Bariton Michael Volle hat Simone Young zwei profunde Gesangsstars für die "Lyrische Sinfonie" an ihrer Seite. Vor diese traumverloren-schwerblütige Musik Zemlinskys, Fin de siècle reinsten Wassers, setzt Young das vielleicht kühnste Werk Alban Bergs, seine Drei Orchesterstücke op. 6, deren Gehalt Adorno pointiert auf den Punkt brachte: "Das müßte klingen, wie wenn man Schönbergs Orchesterstücke und Mahlers Neunte Symphonie zugleich spielt." In den drei Sätzen Präludium, Reigen und Marsch greift Berg mit geräuschhaften Klangflächen, Walzer- und Ländlerfetzen sowie unerhörter Drastik auf die Ausdruckswelt seiner Oper "Wozzeck" voraus. Und zum Auftakt dirigiert Young die sekundenkurzen, hauchzarten Fünf Orchesterstücke op. 10 von Anton Webern, die mit Instrumenten wie Harmonium, Celesta, Mandoline oder Gitarre zwar ein Höchstmaß an Klangfarben entfalten, aber den Komponisten in die Sackgasse der Auslöschung führten - aus der ihn dann erst Schönbergs Zwölftontechnik befreite.