Unser Sende-Format "Hören wir Gutes und reden darüber" ist in der Kategorie "Beste Sendung" für den Deutschen Radiopreis nominiert. Mit dieser Spezialausgabe von Classic Sounds in Jazz feiern wir die Nominierung und stellen uns Album-Klassiker des Jazz vor.
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Classic Sounds in Jazz - 07.09.22
Hören wir Classics - gekürzte Version
"Hören wir Classics und reden darüber" hier zum Nachhören – mit aus rechtlichen Gründen gekürzten Musikstücken.
In dieser Sendung haben sich Beate Sampson, Ulrich Habersetzer und Roland Spiegel zum elften Mal gegenseitig mit Alben überrascht: Niemand wusste vorher, was die jeweils anderen mitbringen würden. Über folgende drei Albem-Klassiker des Jazz wurde in der Sendung gesprochen.
Alles daran, wie die Sängerin und Pianistin Shirley Horn Songs aus dem Great American Songbook interpretiert, aus jener Sammlung früher Musical-, Revue- und Filmsongs also, die dem Jazz zur immer neuen Ausdeutung dienen, hat eine ganz eigene Qualität. Wie sie mit feinsten Phrasierungsnuancen, manchmal nah an der Stille, die Bedeutung von Liedtexten anreichert und vertieft, wenn sie etwa Töne hoffnungsfroh kurz aufleuchten lässt oder sie melancholisch mit einem angedeuteten Seufzer überschattet, wie sie der plötzlichen Wucht eines Gefühls mit einem akzentuierten Pedalton einen Klang verleiht, der direkt und dabei gar nicht mal laut ins Herz trifft und wie sie in - selbst für Balladen - unendlich langsamen Tempi mit subtilen Dynamiken ihren Erzählungen über den Zauber der Liebe einen unter der Oberfläche, also eher im spürbaren als hörbaren Bereich bebenden Suspense verleiht - all das ist einzigartig und macht die Musik der am 1. Mai 1934 geborenen und am 20. Oktober 2005 gestorbenen Musikerin unvergänglich. Jeder Song wird zu ihrer eigenen Geschichte. Vierzehn davon sind es auf ihrem 1991 erschienenen Album "You won´t forget me", das sie ein Jahr zuvor mit ihren engsten, musikalischen Vertrauten eingespielt hat. Das sind für drei Stücke der Bassist Buster Williams und der Schlagzeuger Billy Hart, aber allen voran ihre langjährigen Triopartner: Bassist Charles Ables und Schlagzeuger Steve Williams. Sie spielen mit der schlafwandlerischen Sicherheit von dreien, die im selben Traum unterwegs sind, und nehmen dabei ab und an illustre Solisten mit an Bord: den Trompeter Wynton Marsalis, seinen Bruder, den Saxophonisten Branford Marsalis, den Mundharmonika-Virtuosen und Gitarristen Toots Thielemans und Miles Davis, der Shirley Horn seit den 60er Jahren in Freundschaft verbunden war. In diesen sorgfältig ausgewählten Konstellationen gelang Shirley Horn die vielleicht schönste unter ihren immer besonderen und zeitlos gültigen Einspielungen.
Bildquelle: enja records Ein bei Vielen in Vergessenheit geratenes Album mit besonders schöner und klarer Musik: "Of The Wind’s Eye" von Vibraphonist David Friedman und seinen drei Kolleg:innen Jane Ira Bloom (Sopransaxophon), Harvie Swartz (Kontrabass) und Daniel Humair (Schlagzeug). 1981 nahm dieses Quartett die Stücke für das Album in einem Tonstudio in Ludwigsburg in Deutschland auf. Musik von gläsern feiner Transparenz: David Friedman (1944 in New York geboren, 1989 als Professor an die Universität der Künste in Berlin gezogen) spielt wechselweise Marimbaphon und Vibraphon, zumeist in eigenen Kompositionen - bis auf ein Thelonious-Monk-Stück, das auch auf der Platte enthalten ist ("Four In One") und eine Komposition Jane Ira Blooms ("A Unicorn In Captivity, Part II"). Besonders faszinierend sind die Klangmischungen, die durch die schillerne Durchsichtigkeit der Vibraphonklänge und die zarten, lyrischen Linien des Sopransaxophons ntstehen - sowie die temperamentvoll-fragilen Dialoge zwichen dem Schlagzeug Daniel Humairs und den Schlaginstrumenten des Bandleaders, am aufregendsten in dem langen Stück "A Swiss Celebration". Doch auch die anderen, wie etwa das rhythmisch packende Stück "Mr. Close" und die entspannte Ballade "For Now" sind Highlights eines Albums, das allgemein zu den besonders unterschätzten der jüngeren Jazzgeschichte gehört. Reden wir darüber!
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Sie sitzen Rücken an Rücken und blicken entspannt in die Weite: Zwei Gentlemen des Jazz. Duke Ellington und Johnny Hodges arbeiteten unglaubliche 38 Jahre lang zusammen. 1928 kam der Altsaxophonist mit dem geschmeidigsten Ton der Jazzgeschichte ins Ellington Orchestra. Von 1951 bis 55 gab es einen kurzen Break, aber danach saß Johnny Hodges wieder auf dem Platz des ersten Altisten und prägte bis zu seinem Tod am 11. Mai 1970 den Sound der Ellington-Bigband.
Aber auch in kleinem Format spielten die beiden Jazzlegenden zusammen und die schönste Combo-Aufnahme entstand am 20. Februar 1959. Nur Blues-Themen hatte sich das Sextett um Ellington und Hodges herausgesucht. Einzig das Traditionell "Careless Love" (hier unter dem Titel "Loveless Love") war kein "echter" Blues. Bluesig klingt es trotzdem, wie Ellington, Hodges und auch Trompeter Harry Sweets Edison das Stück interpretieren, aber auch überraschend kantig und modern, mit herrlichem Sinn für die Melodie und uneinholbarer Coolness. "Duke Ellington & Johnny Hodges play the Blues Back to Back" heißt dieses Album, das in jede Platten-Sammlung gehört!
Sendung: Classic Sounds in Jazz am 07. September 2022 ab 19.05 Uhr auf BR-KLASSIK