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Was heute geschah – 18. Juni 1936 "Was ist atonal?" von Alban Berg erscheint

Wenige Monate nach Alban Bergs Tod veröffentlicht Willi Reich in seiner Wiener Musikzeitschrift "23" Bergs Radiodialog "Was ist atonal?". Das Manuskript entstammt einem am 23. April 1930 im Wiener Rundfunk gesprochenen Dialog. Die Sprecher sind ein sogenannter Opponent und der Komponist selbst, der das Gespräch sofort mit einem Angriff gegen die konservative Musikkritik beginnt.

Bildquelle: dpa-Bildfunk

Was heute geschah zum Anhören

Auszüge aus Alban Bergs Manuskript

"Dieser anfangs ganz einseitig sich auf das Harmonische beziehende Begriff der Atonalität ist jetzt ein Sammelbegriff für 'Unmusik' geworden. [...] Ein Scheinbegriff, an dem mit großer Beharrlichkeit festgehalten wird, um mit einem Wort der neuen Musik alles abzusprechen, was bisher Musik ausgemacht hat" - nämlich Tonalität, Rhythmik, Melodik, Symmetrie.

Das will Berg nicht auf sich sitzen lassen: Die Musik der Neuen Wiener Schule kehrt sich doch nicht von der Musikgeschichte ab! Im Gegenteil. Sie baut auf dem auf, was Künstler wie Bach oder Brahms vorgegeben haben. Evolution statt Revolution.

"Ihre freie Melodiebildung, ihre rhythmische Mannigfaltigkeit, ihre Vielstimmigkeit und kontrapunktische Schreibweise, ihre Heranziehung aller in der Musikentwicklung gegebenen formalen Möglichkeiten […], dass ein solcher Reichtum in dieser Musik zutage tritt, kann man ihr doch nicht zum Vorwurf machen und sie dafür mit dem Kennwort 'atonal' belegen."

Mit spitzer Feder gegen Kritiker

Berg kontert vehement. Und seine Feder ist spitz. Das hat der begeisterte Anhänger von Karl Kraus und Leser der Zeitschrift "Die Fackel" in zahlreichen Aufsätzen und Beiträgen für die "Musikblätter des Anbruch" bewiesen. Darüber hinaus liebt er einen satirischen Unterton.

Eine musikalische Fackel täte not. Am liebsten schrieb ich sie selber; aber dann müsste ich das Komponieren aufgeben.
Alban Berg

"Was ist atonal?" als Geschenk an Herausgeber

Kein Wunder, dass Alban Berg seinen Dialog dem Gründer einer polemischen Musikzeitschrift geschenkt hat, für die er sich in den letzten Jahren immer wieder einsetzte. Jetzt steht "Was ist atonal?" auf Seite eins des Favoritenblattes - als "würdiges Präludium" zu einer im nächsten Heft geplanten Diskussion über die Grundlagen der Zwölftontechnik. Dazu wird es nicht kommen. Nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland ist es vorbei mit "23".

Den Siegeszug von Bergs Musik kann das nicht aufhalten. Im Gegenteil. In seinem  Radiodialog hat er es prophezeit:
Berg: "Es genügt mir, wenn ich das letzte Wort habe."
Opponent: "So sicher sind Sie Ihrer Sache?!"
Berg: "So sicher, wie man einer Sache sein kann, an deren Entwicklung und Wachstum man selbst seit einem Vierteljahrhundert Anteil genommen hat."

 Was heute geschah

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