BR-KLASSIK

Inhalt

Early Music Day Europäischer Tag mit weißen Flecken?

Am 21. März ist nicht nur Frühlingsanfang, sondern auch der 340. Geburtstag von Johann Sebastian Bach – und der Europäische Tag der Alten Musik. Seit 2013 gibt es diesen "Early Music Day" für die Musik vom Mittelalter bis zum Barock, ins Leben gerufen hat ihn die REMA, ein europaweites Netzwerk aus Alte-Musik-Festivals. Von Spanien bis Finnland, von Irland bis Litauen wird an diesem Tag die Alte Musik gefeiert, mit Konzerten und Streams. Aber gerade in Bachs Heimat, in Deutschland, könnte sich noch viel mehr tun. Ein Kommentar von BR-KLASSIK Redakteur Thorsten Preuß.

Bildquelle: Alejandro Gomez

Die Österreicherin Franziska Fleischanderl ist Virtuosin auf dem Salterio, der barocken Variante des Hackbretts. Sie ist in diesem Jahr vom Alte-Musik-Netzwerk REMA zur offiziellen Botschafterin für den "Early Music Day" gekürt worden. "Es ist ein Tag, an dem man auf unsere Szene, auf die historische Aufführungspraxis aufmerksam macht", sagt Franziska Fleischanderl, "ein Tag, an dem man Menschen, die nicht täglich mit Alter Musik Kontakt haben, dazu verführt, ein Stück von Bach oder Monteverdi zu hören."

PROMINENTE PATEN – WENIG RESONANZ?

Zu Fleischhanderls Vorgängern als Botschafterin des "Early Music Day" gehören die Blockflötistin Dorothee Oberlinger und der Countertenor René Jacobs. Doch trotz prominenter Paten – im deutschsprachigen Raum fristet der "Tag der Alten Musik" noch immer ein Schattendasein. Gerade mal ein Dutzend Events waren es letztes Jahr in ganz Deutschland. Dieses Jahr feiert die Köthener Bach-Gesellschaft den 340. Geburtstags ihres Namenspatrons mit einem Harfenkonzert, aber die großen Player der Szene wie das Freiburger Barockorchester, Concerto Köln oder die Akademie für Alte Musik haben gerade Konzertpause. Die Chance, mit einer großen gemeinsamen Aktion für Bach, Monteverdi & Co. zu begeistern – sie bleibt ungenutzt. Und das ist schade.

EUROPÄISCHE IDEE

Wie es gehen könnte, zeigt der Blick ins übrige Europa. Denn in anderen Ländern ist eine ganze Menge los. Allein in Montpellier laden Instrumentenmacher zum Werkstattbesuch, es gibt öffentliche Proben und musikalische Museumsführungen. In Italien steuert fast jede größere Stadt ein Event bei, mit renommierten Musikern wie Andreas Staier oder dem Orchester La Risonanza. Und in Stockholm wird die europäische Idee besonders gut erfahrbar: dort präsentiert ein Vokalensemble aus Kiew zusammen mit einer schwedischen Cembalistin ukrainische Barockmusik – und zwar in der Deutschen Kirche.

ALTE MUSIK UND SOCIAL MEDIA

Dieses und viele andere Konzerte werden live auf YouTube gestreamt. Bei uns in Deutschland findet der Early Music Day also vorzugsweise im Internet statt. Darin liegt letztlich auch eine Chance, sagt Franziska Fleischanderl: "Wenn man in Social Media schaut, sind es vor allem die Musiker, die auf diesen Tag aufmerksam machen. Also ganz viele machen einen Post oder stellen ein kleines Video online, wie sie ihr Lieblingsstück spielen. Und ich denke, das ist etwas, was junge Leute anspricht, dieser Freiraum und dieses neue Ausprobieren von Dingen, die man vorher so nicht gemacht hat."

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 16. März 2025, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

    AV-Player