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Codex Montpellier Eine der wichtigsten Quellen für die frühe Motette

Der Codex Montpellier gibt Zeugnis ab, wie es im 13. Jahrhundert geklungen hat. Überdies ist er sehr kunstvoll gestaltet, so dass schon allein der Blick in dieses Buch erfreut.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Acht Zeilen mit quadratischen oder rautenförmigen Noten auf fünf Linien, einige haben lange Hälse. Darunter in ebenmäßig angeordneter, elegant ausgeführter Schrift der Text der Motette "L'autrier m'esbatoie". Links oben die kunstvoll ausgeschmückte und ausgemalte Initiale L. Ein Ritter hoch zu Ross trägt einen Falken auf dem Handrücken, vor ihm sein Widersacher, der auf dem Dudelsack blasende Robin. Beide buhlen um das Herz der schönen Hirtin Marot - das ist die Geschichte, die auch in der Motette besungen wird.

PRACHTVOLLES BUCH

So sieht die Seite des Codex Montpellier aus, mit der die Folge französischer Doppelmotetten eröffnet wird. Sie zeigt exemplarisch die hohe Kunst der mittelalterlichen Handschriften: Alles nimmt aufeinander Bezug - die Musik auf den Text, die Malereien auf den Inhalt der Gesänge. Eine solche Handschrift erfreut nicht nur das Ohr, wenn die darin überlieferte Musik gesungen wird, sondern auch das Auge - und zwar dreifach: beim Betrachten der Noten in ihrer geometrischen Exaktheit, der schön geschwungenen Schrift mit ihren dicken und dünnen Linien und Bäuchen, und nicht zuletzt beim Betrachten der prachtvoll-farbenfrohen Bilder.

FRÜHE MOTETTENKUNST

Die Handschrift liegt heute in der Bibliothek der medizinischen Fakultät in Montpellier, wurde aber vermutlich in Paris geschrieben. Sie besteht aus einem älteren Corpus, das auf die 1270er oder 80er Jahre datiert wird, und einem jüngeren Corpus, das kurz vor 1300 zusammengestellt worden sein dürfte.

Der Codex Montpellier enthält überwiegend Motetten in lateinischer und französischer Sprache, für zwei bis vier Stimmen. Die Namen der Komponisten sind nicht genannt, einige Motetten können aber Musikern und Sängern wie etwa Petrus de Cruce oder Adam de la Halle zugeordnet werden.

MIX IN SPRACHE UND INHALT

Die mittelalterliche Motette beruht auf einem Cantus firmus, einem vorhandenen Gesang aus der Liturgie oder einem weltlichen Lied. Das Besondere der frühen Motette ist, dass jede Stimme einen eigenen Text vorträgt - das kann sogar so weit gehen, dass der Cantus firmus aus einem geistlichen, lateinischen Text besteht, während die Oberstimme dazu erotische Verse in französischer Sprache singt.

Der Codex Montpellier ist eine der umfangreichsten Quellen für dieses frühe Stadium der Motette. Er führt zu den Wurzeln einer Gattung zurück, die bis heute im Repertoire von Vokalensembles und Chören lebendig geblieben ist.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 1. Dezember 2013, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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