Conrad Paumann reist nicht gerne. Er fürchtet die Unbequemlichkeiten und zudem könnte man ihn in der Fremde ja vergiften. Gelegentlich tut er es aber doch: das erste Mal 1450, als er verbotenerweise seine Heimatstadt Nürnberg verlässt.
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Paumann, Conrad, geboren um 1410 in Nürnberg, gestorben 1473 in München, Komponist und Musiker.
Im Jahr 1450 macht er es doch: Conrad Paumann verlässt Nürnberg. Eigentlich hatten die Stadtobereren vertraglich dafür gesorgt, dass Ihnen ihr talentierter Stadtorganist erhalten bleibt. Aber es ist das alte Lied: die Bayern zahlen einfach besser. Der Musikwissenschaftler Johannes Hoyer findet es bemerkenswert, dass hier ein herausragender Künstler von einer besser zahlenden Institution, nämlich dem bayerischen Herzog Albrecht III., abgeworben wird: "Ähnlich wie wenn sich heuztutage der FC Bayern die besten Spieler holt. Tatsächlich verdiente er da deutlich mehr als in Nürnberg."
Die Stelle am Hof des Bayerischen Herzogs bedeutet einen großen Karriereschub für Paumann. Obwohl er ungern reist – er scheut die Unbequemlichkeiten, außerdem könnte man ihn in der Fremde ja vergiften – geht Paumann auf Tournée: er fährt nach Italien und versetzt die ganze musikalische Welt in Staunen. Ein Ohrenzeuge berichtet von Paumanns Spiel in Mantua:
"Als er in der Kammer des Markgrafen den Klang der Orgel hörte, welche der blinde Musiker aus Deutschland von großem Namen in der Tonkunst, spielte, da war er einer Ohnmacht nahe und es stockte ihm der Atem. Das seelische Ergötzen an der Süße der Klänge überwältigte ihn."
Conrad Paumann wurde blind geboren worden, seiner musikalischen Ausbildung stand das aber nicht im Wege und er hmachte sich schnell einen Namen als Musiker. Für den Musikwissenschaftler Johannes Hoyer gehört Paumann zu den herausragendsten Musikern seiner Zeit: "Das zeigt sich an der großen Wertschätzung, die ihm entgegengebracht wurde. Wo wir auf Paumann stoßen, wird von dem berühmten blinden Organisten, dem Musiker, der alle Instrumente spielen kann, der Meister über Meister ist, gesprochen." Paumanns wichtigstes musikalisches Vermächtnis ist das "Fundamentum organisandi", ein besonders anschauliches Beispiel für die spätmittelalterliche Orgelkunst. Es handelt sich dabei im ein Lehrbuch für das Spiel und die Improvisation auf Tasteninsturmenten, wie Johannes Hoyer weiter ausführt: "Conrad Paumann zeigt wie man über gegebenen Melodien Verzierungen anbringt, wie man sie ausschmückt, wie man sie mit Klauseln und Kadenzen gliedert, wie dann gegebenenfalls eine dritte Stimme dazukommen kann, also eine Modellschrift und man würde später dann auch sagen eine Schule des guten Geschmacks und des guten Stils."
Paumanns Ruhm reisst bis zuletzt und über seinen Tod hinaus nicht ab: viele Fürsten sähen ihn gerne in eigenen Diensten. Zuletzt versucht König Ferdinand von Aragón 1475 den doch so ungern reisenden Paumann an seinen Hof nach Neapel zu locken. Der berühmte Meister war allerding schon zwei Jahre zuvor verstorben.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 25. Juni 2023, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK