Musikstück - meist für Lauten- oder Tasteninstrument und von recht unterschiedlichem Charakter
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Es gibt sie in recht unterschiedlichen Ausführungen: eine Fantasie zu komponieren bedeutet für Komponisten erstmal große Freiheit - C. Ph. E. Bach notierte trotzdem eine Anleitung.
"Besonders aber kann ein Clavieriste vorzüglich auf allerley Art sich der Gemüther seiner Zuhörer durch Fantasien aus dem Kopfe bemeistern. Fantasien, welche nicht in auswendig gelernten Passagien oder gestohlnen Gedancken bestehen, sondern aus einer guten musikalischen Seele herkommen müssen, das Sprechende, das hurtig Überraschende von einem Affeckte zum andern. Ich habe hiervon eine kleine Anleitung entworfen."
schreibt Carl Philipp Emanuel Bach in seinem "Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen" und untertreibt damit; seine kleine Anleitung erstreckt sich dann doch über 17 Seiten.
"Eine Fantasie nennet man frey, wenn sie keine abgemessene Tacteintheilung enthält, und in mehrere Tonarten ausweichet, als bei andern Stücken zu geschehen pfleget, welche nach einer Tacteintheilung gesetztet sind, aber aus dem Stegreif erfunden werden. Eine freie Fantasie bestehet aus abwechselnd harmonischen Sätzen, welche in allerhand Figuren und Zergliederungen ausgeführet werden können."
So definiert Carl Philipp Emanuel Bach die Fantasie, wir schreiben das 18.Jahrhundert. Den Terminus "Fantasie" freilich gibt es schon lange, spätestens seit dem 16. Jahrhundert. Er meint ein Musikstück von freier Struktur, das eine Verwandtschaft zur Improvisation aufweist. Und sich deutlich abgrenzt von den in Renaissance und Barock so beliebten Tanzsätzen.
Da gibt es Fantasien, die sind erstaunlich kurz und nicht viel mehr als Akkordbrechungen, besonders beliebt bei den Lautenisten des 16. Jahrhunderts. Der Klang des Instruments wird vorgestellt, ein paar kurze Melodiestückchen gespielt, ein paar Akkorde angeschlagen.
Da gibt es Fantasien, die ein deutlich erkennbares Thema haben, das ähnlich wie in einer strengen Fuge variiert wird. Die "Forlorn Hope Fancy" von John Dowland ist so ein Beispiel. Da zieht sich eine schmerzende Melodie durch das ganze Stück, es ist diese bedrückende absteigende Chromatik, die der Fantasie den Titel gibt.
Die Idee mit der Chromatik wird oft und gerne in Fantasien verwendet. Auch werden im Lauf der Zeit mehr und mehr bereits vorhandene Stücke als Vorlage für eine Fantasie herangezogen oder Fantasien als Ostinato- Stücke konzipiert. Da sind die Fantasien, die als ein Präludium zu einem anderen Stück hinleiten und Fantasien, die über einen bekannten Choral gesetzt werden. Der Niederländer Jan Pieterszoon Sweelinck hat neben imitierenden und Ostinato-Fantasien auch einige Echo-Fantasien komponiert.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 26. April 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK