Zahlreiche Reliefs an romanischen oder gotischen Kirchen, auch kunstvolle Bilder in Büchern des Mittelalters zeigen uns heute: die Fidel war einmal ein äußerst beliebtes Instrument gewesen.
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Fiedeln – das heißt für die meisten heute: mehr schlecht als recht auf der Geige kratzen. "Fiedler" – mit dieser Bezeichnung ist kein Lob der Klangschönheit oder Virtuosität verbunden. Eher nennt man so einen Straßenmusikanten oder Stehgeiger.
Arme Fidel, dabei gab es sie doch schon Jahrhunderte vor der Violine, sie ist gewissermaßen das Ur-Streichinstrument Europas. Sie hat viele Mütter, vor allem aus dem Orient: darunter etwa die mittelasiatische tunbûr oder die arabische rabāb. Aus der Zeit um die erste Jahrtausendwende herum stammen die ältesten europäischen Abbildungen, auf denen gestrichene Instrumente zu sehen sind.
Die Formen sind so vielfältig wie die orientalischen Vorfahren: Es gab spatenförmige, birnenförmige, keulenförmige, achtförmige und ovale Fideln. Sie waren mit zwei bis fünf Saiten bespannt. Manche Fideln wurden auf dem Arm gespielt (wie moderne Geigen), manche auf dem Schoß. Das alles weiß man überwiegend von Abbildungen und aus schriftlichen Quellen. Es gibt nur wenige erhaltene Bruchstücke von mittelalterlichen Fideln.
Mittelalterliche Fidler gehörten zu den rechtlosen Spielleuten und Gauklern. Als fahrende Musiker zogen sie von Stadt zu Stadt und von Hof zu Hof, um bei Festen zum Gesang oder zum Tanz aufzuspielen. Es gab auch adelige Troubadoure, die einen professionellen Menestrel, also einen Spielmann, unterhielten, der ihren Gesang auf der Fidel oder der Harfe begleitete.
Das Fidelspiel war im Mittelalter eng verbunden mit dem Singen und Erzählen. Nicht nur die Lyrik der Minnesänger versüßte der Fidelklang, auch die isländischen und skandinavischen Barden ummalten damit ihre Epen und Mythen aus der legendären Lieder-Edda.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 22. April 2012, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK