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Gitarre Seit Jahrhunderten populäre Kastenhalslaute

Sie ist das bis heute populärste Zupfinstrument, das zu Beginn allerdings weit weniger verbreitet war als die Laute, die ziemlich ähnlich gespielt wird. Der berühmteste Gitarrist dürfte ein französischer König gewesen sein.

Bildquelle: picture-alliance/dpa

Die Gitarre ist heute in nahezu jeder Stilistik vertreten, ein populäres und weitverbreitetes Instrument, das wohl jedem vertraut ist mit seinen sechs Saiten, charakteristischem Schallloch mit Rosette und dem tailliertem, also eingeschnürten Korpus in der sogenannten 8-Form. Der Vorgänger der Gitarre, so ein häufig anzutreffendes Missverständnis, sei die Laute. Das ist aber nicht richtig, denn Gitarren und Lauten existierten jahrhundertelang nebeneinander. Beide werden als Lauteninstrumente bezeichnet, die Gitarre als sogenannte Kastenhalslaute wegen ihres kastenförmigen Schallkörpers mit flacher Decke und flachem Boden, im Gegensatz dazu die bauchige und birnenförmige Laute ohne Seitenwände als Schalenhalslaute. In der Renaissance existierte in Spanien noch ein anderes Instrument, dass eindeutig zur Gitarrenfamilie gehört: die Vihuela.

EINE NAHE VERWANDTE: DIE VIHUELA

Die Gitarre war zunächst kleiner als die Vihuela und wurde anfangs nur mit vier Saitenchören bespannt. Ein hell klingendes Instrument ohne eigentliches Bassregister, das für die Akkordbegleitung mit verschiedenen Schlagtechniken gespielt wurde. Allmählich wurde das differenzierte polyphone Solospiel mit den Fingern der rechten Hand auch für die Gitarre erschlossen, ein fünfter Chor wurde ergänzt. In seiner "Instrucción de musica sobre la guitarra española" von 1674 schrieb der spanische Gitarrist und Komponist Gaspar Sanz:

"Die Gitarrenmeister in Rom haben die Gitarre nur mit dünnen Saiten bespannt und Bass-Saiten weder im 4. noch 5. Chor aufgezogen. In Spanien ist es genau anders herum, denn einige benutzen zwei Basssaiten im 4., wieder andere deren zwei im 5., oder, wie es üblich ist, jeweils eine auf dem 4. und dem 5. Chor. Für jemanden, der die Gitarre in der lauten Art (rasqueado) spielen will, ist die Gitarre besser mit Basssaiten als ohne sie. Aber wenn man die Schönheit und Süße des punteado-Stils bevorzugt und campanelas benutzen möchte, welches die neue Art ist, in der man heutzutage komponiert, dann sind die Basssaiten nicht gut geeignet, denn wie mich meine eigene große Erfahrung lehrt, funktionieren hier nur die dünnen, ebenso im 4. wie im 5. Chor."

UNTERSCHIEDLICHE STIMMUNGEN

Eine Besonderheit des 5. Chores lag darin, dass er in einigen Stimmungen nicht mehr der tiefste war, sondern eine Oktave höher klang als normal. So konnten Tonleitern über mehrere Saiten ausgesponnen werden, was einen ganz eigenen Effekt hervorbrachte, der Glöckchen-Klang genannt wurde: die Campanelas.

Dieses Prinzip ist der italienischen Theorbe entlehnt, auch ein Hinweis darauf, dass die Entwicklung der Gitarre kein ausschließlich spanisches Phänomen ist. Die Barockgitarre löste vor allem in Frankreich einen regelrechten Hype aus, da der Sonnenkönig Ludwig XIV. dieses Instrument der Laute vorzog. Die herausragenden Musiker und Komponisten der Barockgitarre waren Francesco Corbetta und der "Königliche Gitarrenspieler" Robert de Visée.

BIS HEUTE POPULÄR

Alle diese Gitarrentypen stehen in ihrer Klangästhetik und Spielweise letztlich der Laute näher als der heutigen Gitarre. Die Gitarre aber überlebte das Aussterben der Laute, die Saitenchöre wichen Einzelsaiten, deren Anzahl sich schließlich um 1800 auf die heute üblichen sechs erweiterte. Seit jeher hat die Gitarre die Sphäre der hochkultivierten Kunstmusik mit dem einfach zu handhabenden Instrument des Volkes verbunden – und das ist auch heute noch so.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 6. September 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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