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Klaviziterium Hochkant stehendes besaitetes Tasteninstrument

Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Cembalo für ein Tiny House – doch die besondere Form dieses Tasteninstruments ist nicht der einzige Unterschied zum deutlich häufiger gebauten Cembalo – auch der Klang ist ein anderer.

Bildquelle: © Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig

Das Klaviziterium ist eines der frühesten Tasteninstrumente mit Saiten, das sich bereits Anfang des 15. Jahrhunderts nachweisen lässt. Jeder, der dieses Instrument schon einmal gesehen hat, wird den Anblick nicht so schnell vergessen. Es ähnelt zwar einem Cembalo, aber einem, das senkrecht an der Wand steht.

"Es ist schon eine auffallende Erscheinung. Es sieht ein bisschen aus wie eine halbe Pyramide. Man steht erst mal davor und es überragt einen bei weitem. Aber unten hat es diese Cembalotastatur. Und da ist man natürlich schon neugierig, wie das gespielt wird und wie es klingt." Frank Bär

EIN CEMBALO, 90 GRAD GEDREHT?

Das war Frank Bär, der Leiter der Abteilung für Historische Musikinstrumente im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Hier steht eines der äußerst raren Originalinstrumente, von denen sich weltweit nur ein halbes Dutzend erhalten haben. Weil das Klaviziterium so selten und daher für Sammler sehr wertvoll ist, wurden Ende des 19. Jahrhunderts reihenweise italienische Cembali umgebaut und gefälscht. Doch das Nürnberger Instrument ist echt und stammt aus dem frühen 17. Jahrhundert von einem unbekannten Instrumentenbauer aus Deutschland.

Der Grund, warum das Klaviziterium hochkant an der Wand steht, war nicht unbedingt der, Platz zu sparen und eine Alternative zum sperrigeren Cembalo zu haben. Es war der ganz spezielle Klang.

KLANGUNTERSCHIED ZUM CEMBALO

"Das Prinzip, mit dem die Töne erzeugt werden, ist exakt wie bei einem Cembalo oder Spinett. Es sind Springer, also kleine Holzplättchen, die von den Tasten in diesem Fall nicht nach oben, sondern nach vorne gestoßen werden. Und in denen sitzen seitlich kleine Spinte aus Federkiel, und die reißen die Saiten an. Bei einem Cembalo, das waagerecht steht und ohne Deckel gespielt wurde, wird der Klang von den Raumwänden und der Raumdecke zurückgegeben und erreicht dann erst den Zuhörer. Beim Klaviziterium kommt er direkt vom Resonanzboden. Man hat also einen ganz direkten, knackigen Klang." Frank Bär

Die Töne treffen nicht nur direkt auf die Ohren des Spielers, das Instrument besitzt auch einen ungewöhnlich großen Reichtum an Klangfarben. Das Klaviziterium im Germanischen Nationalmuseum etwa hat vier Register, die die Saiten anschlagen und die sich auch noch für die hohen und tiefen Töne teilen lassen. Außerdem gibt es einen Lautenzug, der die Saiten abdämpft. Dafür muss der Musiker bei dem Instrument aber andere Beeinträchtigungen hinnehmen, sagt Frank Bär.

"Das Klaviziterium hat dadurch, dass die Tastenhebel umgelenkt werden, also sozusagen um die Ecke gehen, einige Nachteile. Es ist von der Repetition her, also von der Tonwiederholung etwas träge. Manchmal kommt man bei Trillern und bei Läufen schon an die Grenzen - nichts einer selbst, wenn man gut spielen kann, sondern eben des Instruments - und muss eben seine Spielweise entsprechend anpassen." Frank Bär

RAR UND WERTVOLL

Nicht wegen des etwas trägen Anschlags, sondern weil die Instrumente teuer und schwer zu transportieren waren und neue Tasteninstrumente wie das Hammerklavier auf den Markt drängten, war die Zeit des Klaviziteriums Ende des 17. Jahrhunderts vorbei.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 7. April 2013, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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