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Cembalo Multinationales gezupftes Tasteninstrument

Ein Cembalo hat einen einzigartigen Klang, der oft polarisiert: entweder man mag ihn oder findet ihn enervierend. Wer ihm aber einmal verfallen ist, der kriegt oft nicht genug von der wunderbaren Musik der französischen Cembalisten, oder doch lieber von der Musik Bachs, oder lieber italienische Cembalomusik?

Bildquelle: picture-alliance/dpa

"Ein Cembalo hat viele Seiten, finde ich. Ein Cembalo kann sehr zart vor sich hin zirpen und singen, und es hat aber auch einen sehr stark perkussiven Charakter." Anne-Marie Dragosits

Anne-Marie Dragosits ist Solistin und Basso-Continuo-Spielerin. Bei einem Besuch in der Musikabteilung im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg hat sie Gelegenheit, auf einigen Ausstellungsstücken zu spielen. Dort finden sich unter anderem deutsche, französische und italienische Cembali. Die Unterschiede erläutert der Leiter der Musikinstrumenten-Abteilung, Frank Bär:

"Ein italienisches Cembalo ist typischerweise sehr leicht gebaut, es ist normalerweise ein Instrument, das wegen seiner leichten Bauweise in einem separaten Kasten liegt. Deutsche Instrumente sind etwas massiver gebaut. Ein wichtiges Kennzeichen ist, dass sie mit sehr vielen Registern und Klangfarben versehen sind." Frank Bär

ZWEI CEMBALO-TYPEN

Grob lassen sich zwei Cembalo-Bau-Schulen unterscheiden: einerseits die italienische Schule und andererseits die Schule des Nordens - dazu gehören die deutschen Instrumente, aber auch flämische oder französische, die meist zweimanualig sind, also zwei Tastaturen haben.

Allen Cembali gemein ist die Tonerzeugung. Das Cembalo gehört - wie auch Spinett und Virginal - zu den Tasteninstrumenten, die ihre Saiten durch Anzupfen zum Klingen bringen. Durch das Herunterdrücken der Tasten wird im Cembalo der so genannte Springer nach oben gedrückt. In ihm steckt ein Kiel, der die Saite anzupft. Ist im Cembalo nur ein 8Fuß- Register eingestellt, wird pro Ton nur eine Saite angezupft. Sind zwei 8Fuß- Register eingestellt, werden zwei Saiten gleichzeitig angezupft. Manche Cembali verfügen zusätzlich über einen Lautenzug - eine Leiste mit Leder- oder Filzstückchen. Wird der Lautenzug eingestellt, wird die Leiste gegen die Saiten geschoben und das Cembalo ist gedämpft. Der typische Cembalo- Klang ist dahin und man meint, eine Laute zu hören.

DAS "RICHTIGE" INSTRUMENT?

Will sich ein Cembalist an die Regeln der historisch informierten Aufführungspraxis halten, so muss er auf genau so einem Instrument spielen, für das der Komponist geschrieben hat.

Anne-Marie Dragosits hat sich entschieden, ein Werk von Johann Jakob Froberger auf einem Cembalo des italienischen Cembalobauers Giovanbattista Giusti von 1681 zu spielen. Froberger, in Stuttgart geboren, hat zwar Reisen nach Italien unternommen, gilt aber doch als deutscher Komponist. Soll man nun seine Musik auf einem italienischen, deutschen oder gar einem französischen Cembalo interpretieren?

"Das ist eine schwierige Frage, und das werden wir leider wahrscheinlich auch nie ganz genau wissen. Bei der Partita von Froberger könnte man streiten: die könnte man wunderbar viel französischer auf einem französischen Cembalo spielen. Aber es heißt "Partita", steht in einem italienisch-sprachigen Manuskript und die Widmung ist auf Italienisch. Die Jahreszahl stimmt auch ungefähr, da war er noch nicht so lange zurück, und so habe ich entschieden, die Partita auf einem italienischen Cembalo zu spielen." Anne-Marie Dragosits

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 12. Dezember 2010, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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