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Modus Eine Art mittelalterliche Tonleiter

Im Mittelalter hatte man sich noch nicht auf zwei vorherrschende Tongeschlechter festgelegt, sondern schöpfte musikalische Ideen aus mehreren so genannten "Modi", die alle ihre eigenen Charakteristika haben.

Bildquelle: colourbox.com

Stichwort | 04.08.2013

Modus

Heutzutage ist trotz Zwölftonmusik und Blues, trotz Gamelan-Orchester, Geräusch- und Computermusik das tonale Dur-moll-System in der Alltags-Musik vorherrschend. Das ist seit Beginn der Barockzeit gültig – der Anfang der europäisch-abendländischen Musik wird aber mit dem Gregorianischen Choral veranschlagt: was also gab es vorher?

DIE ANFÄNGE DER TONALITÄT

Um die Musik der liturgischen Gesänge theoretisch zu erklären, wurde im Mittelalter das System der Modi verwendet. Daher stammt auch die heute ebenfalls übliche Bezeichnung als Kirchentonarten. Dieses modale System wurde in Theorie und Praxis durchaus unterschiedlich gehandhabt, wie der amerikanische Musikwissenschaftler Harold Stone Powers 1980 schrieb:

Wenn die Modi in erster Linie als Tonleitern gedeutet werden, dann verwendet man sie eher für das Klassifizieren und Zusammenfassen von musikalischen Einheiten in ideale Kategorien. Wenn die melodischen Aspekte von Modalität die vorherrschenden Eigenschaften sind, dann werden die Modi als Richtlinie und Norm für Komposition und Interpretation gesehen. (Harold Stone Powers)

ACHT INDIVIDUELLE CHARAKTERE

Einen Modus kann man sich als eine Tonleiter vorstellen – das mittelalterliche Verständnis geht jedoch darüber hinaus: Bestimmte melodische Floskeln, der Tonumfang, das Verhältnis wichtiger Töne zum Grundton und die sich daraus ergebenden Intervalle sind für jeden Modus typisch. Dorisch, Phrygisch, Lydisch und Mixolydisch werden die grundlegenden, authentischen Modi genannt, mit jeweils einer sogenannten plagalen Variante: hypophrygisch oder hypolydisch. Diese Bezeichnungen hatte man von der altgriechischen Musiklehre übernommen, mit der es ansonsten aber wenig Gemeinsamkeiten gab. Jeder dieser insgesamt acht Modi hat einen ganz eigenen, individuellen Charakter.

AUCH HEUTE NOCH VORHANDEN

Bis zum Beginn der Barockzeit blieben die Modi das zentrale Ordnungssystem und wirkten noch lange nach. Heute ist eine modifizierte Modalität fester Bestandteil der JazzRockPop-Harmonielehre, sie wird zur Erklärung von ethnischer Musik herangezogen und in der zeitgenössischen Komposition verwendet.

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 4. August 2013, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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