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Lydisch Mittelalterliche Kirchentonart

Bevor sich die Komponisten auf zwei Haupttonarten einigten, dominierten die Kirchentonarten die Musik. Im lydischen Modus versteckt sich der Teufel...

Bildquelle: colourbox.com

Die lydische Tonleiter, das Lydische – eine der Kirchentonarten, einer der Modi, die im Mittelalter in Anlehnung an das griechisch-antike Tonsystem entstanden. Jeder dieser Modi ist ganz individuell charakterisiert, etwa ein gregorianischer Gesang.

Wohl nur ein Kenner wird die Tonart dieses Gesangs als lydisch identifizieren – nur jemand, der mit der Musik vom frühen Mittelalter bis ins 17. Jahrhundert hinein durch und durch vertraut ist. Denn danach verschwanden die Kirchentonarten, ersetzt durch das "moderne" Dur und Moll. Bis in die Renaissance aber dominierten sie die Musik. Johannes Ockeghem zum Beispiel komponierte eine Messe, die in allen vier Hauptkirchentonarten gesungen werden kann – auch in Lydisch.

KIRCHENTONART MIT TRITONUS

Was macht nun das Lydische aus? Kehren wir zu unserer lydischen Tonleiter vom Beginn zurück: f – g – a – h – c – d – e – f. Eine herkömmliche Durtonleiter klingt fast genauso: f – g – a – b – c – d – e – f. Tatsächlich unterscheidet sich das Lydische vom Dur nur durch ein kleines, aber wesentliches Detail. Es ist der vierte Ton. In F- Dur ist er ein b; in F-Lydisch aber ein h.

Anders als im Dur bildet dieser vierte Ton im Lydischen zum Grundton keine reine Quarte, sondern eine übermäßige - einen Tritonus; ein Intervall, das in der mittelalterlichen Musiktheorie "Diabolus in Musica" genannt wurde, "Teufel in der Musik".

RÜCKBESINNUNG IM 20. JAHRHUNDERT

Im Kontext dur-moll-tonaler Musik klingt die lydische Skala denn auch bisweilen "teuflisch falsch" - ein Effekt, den das 20. Jahrhunderts zur Erzeugung von Groteske und Komik nutzte, wie zum Beispiel Prokofjew in seiner Filmmusik "Leutnant Kijé":

Im 20. Jahrhundert schien sich das Potential der Durmoll-Tonalität, die seit Bach die Musik bestimmt hatte, gänzlich erschöpft zu haben. Just zu dieser Zeit erwies sich der Rückgriff auf die alten Kirchentonarten als eine vitale, erneuernde Kraft. Auch der Jazz, die Rock- und Popmusik sollte auf die Modi später zurückgreifen. Doch auch schon lange vor all dem hatte sich Beethoven "das Alte" zu Nutze gemacht: Das Adagio seines Streichquartetts op. 132 ist überschrieben mit "Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit, in der lydischen Tonart". Und Anton Bruckner komponierte in dieser Tonart einer seiner schönsten Motetten: "Os justi" in F-lydisch - quälend schön, himmlisch entrückt, zeitlos…

Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 23. März 2014, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK

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