Mit Orlando di Lasso kam 1557 der damals vielleicht bedeutendste europäische Musiker in die Stadt und führte das Münchner Musikleben zu einem ersten Höhepunkt. Weitere sollten – und werden auch zukünftig – folgen.
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Stichwort | 23.12.2012
München
München leuchtet, es ist eine Musikmetropole von europäischem Rang. Zahlreiche hervorragende Orchester beherbergt die bayerische Landeshauptstadt, darunter mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks eines der besten der Welt. Die staatliche Hochschule für Musik hat einen ausgezeichneten Ruf. Die Bayerische Staatsbibliothek beherbergt eine große und exzellente Sammlung von Notendrucken und Musikhandschriften. Und die erstklassige Staatsoper, die auf eine über 350-jährige Tradition blicken kann, muss keinen internationalen Vergleich scheuen. In der Musikstadt München wirkten Dirigenten wie Knappertsbusch, Solti, Sawallisch, Celibidache oder Maazel, um nur einige wenige zu nennen. Carl Orff, Richard Strauss, Max Reger und Carl Maria von Weber komponierten hier maßgebliche Werke. Gustav Mahlers 4. und 8. Symphonie wurden in München uraufgeführt und Richard Wagners wegweisende Musikdramen "Tristan und Isolde" und "Die Meistersinger von Nürnberg" ebenso. Doch in der Alten Musik war die Residenzstadt an der Isar lange Zeit ein kleines Licht.
Noch Ende des 15. Jahrhunderts bestand die Münchener Hofmusik aus vier fest angestellten Pfeifern und einem Trommler. Der erste bedeutende Musiker, der in die Stadt engagiert wurde, war ausgerechnet ein Nürnberger: der weithin bekannte, blinde Komponist Conrad Paumann, der 1467 das Amt des Hoforganisten in der Frauenkirche antrat. Der zweite berühmte Musiker war der Schweizer Ludwig Senfl, der 1523 als fürstlicher Komponist nach München berufen wurde und die längst aufgestockte Hofkapelle zu einer frühen Blütezeit führte. Doch erst, als 1557 mit Orlando di Lasso einer der bedeutendsten Komponisten der Hochrenaissance in die Stadt kam und als Tenor und Hofkapellmeister das geistliche und weltliche Musikleben Münchens beinahe 40 Jahre lang maßgeblich prägte, gelang der Aufstieg zu einem europäischen Musikzentrum. Di Lasso schuf dort nicht nur selbst zahlreiche Meisterwerke der Vokalpolyphonie, sondern holte auch andere bedeutende Musiker in die Stadt, darunter Johannes de Fossa und die Gebrüder Gabrieli. Ein einsamer Höhepunkt der Münchener Musikkultur, der lange Zeit nicht überboten werden konnte.
Dass München als Musikstadt nach Orlando di Lasso dennoch weiterleuchtete, verdankte es vor allem zwei Ursachen: der frühen und fortwährenden Pflege der Oper und der exquisiten Mannheimer Hofkapelle. Das erste Musikdrama erklang in der Stadt bereits 1653, ein Jahr später wurde am Salvatorplatz das neue Opernhaus eröffnet, der umgebaute Kornspeicher war das erste freistehende Musiktheater in Deutschland. Seitdem die bayerische Linie der Wittelsbacher ausgestorben war, der pfälzische Kurfürst Karl Theodor 1787 nach München zog und dabei Deutschlands bestes Orchester, die Mannheimer Hofkapelle mitbrachte, gab es beständig bedeutende Musiker in der Stadt: Koryphäen wie Christian Cannabich oder Carl Joseph Toeschi sorgten dafür, dass es in München nicht mehr dunkel wurde.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 23. Dezember 2012, 13.05 Uhr auf BR-KLASSIK