Pietro Antonio Domenico Bonaventura Trapassi, wie Metastasios Geburtsname lautet, prägte wie kein anderer Librettist die Oper ab dem Spätbarock – auch in deutschsprachigen Gegenden.
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Er hat nicht eine einzige Note komponiert, und dennoch zählt der Römer Pietro Metastasio zu den einflussreichsten Persönlichkeiten des Musiklebens im 18. Jahrhundert. Heutzutage werden die Librettisten hinter den großen Namen der Komponisten ja kaum wahrgenommen, aber zu seiner Zeit war der Dichter Metastasio ein Star. Er ist in der über 400-jährigen Geschichte der Oper der wohl berühmteste aller Operntextdichter.
Geboren wurde Metastasio in kleinen Verhältnissen als Sohn eines Gemüsehändlers. Doch zeitlebens fand er, charmant und redegewandt, wie er war, reiche Gönner. Etwa Giovanni Vincenzo Gravia, den Mitbegründer der römischen Accademia dell'Arcadia, der den elfjährigen Stegreifdichter adoptierte und ihm die Ausbildung finanzierte. Oder die Operndiva Marianna Bulgarelli, genannt La Romanina, die Metastasios Wechsel vom Juristen zum Librettisten beförderte und ihn mit den größten Komponisten seiner Zeit bekannt machte, unter anderen mit Porpora, Hasse, Pergolesi, Scarlatti und dem Kastraten Farinelli, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband.
1730 wurde Metastasio in Wien zum kaiserlichen Hofdichter ernannt, mit einem üppigen Jahresgehalt von 3.000 Gulden. Sein Einstand als Librettist war ein rauschender Erfolg, wie er in einem Brief an die Romanina berichtet.
"Vorigen Sonntag wurde mein Demetrio mit soviel Erfolg aufgeführt, dass die Alten in diesem Land sich nicht an einen solch großen Beifall erinnern können. Die Zuhörer weinten bei der Abschiedsszene, der Kaiser war nicht unberührt, und jene, die meine Feinde waren, wurden zu meinen Aposteln." Metastasio
Mehr als 50 Jahre bekleidete Metastasio in Wien die Stelle des Poeta Cesareo und lernte dabei kaum ein Wort Deutsch. Er sprach und dichtete auf Italienisch, in einem so reinen Stil, dass ihm die Komponisten des 18. Jahrhunderts wie Vivaldi, Händel und Gluck seine Libretti nur so aus der Hand rissen. Und sogar noch Mozart vertonte La Clemenza di Tito. Viele von Metastasios Musikdramen erlebten nicht weniger als 40 bis 50 Vertonungen. Als Kaiser Karl VI. starb und seine an der Oper wenig interessierte Tochter Maria Theresia Kaiserin wurde, bedeutete das einen tiefen Einschnitt für den Librettisten.
"Die griechischen und römischen Themen sind außerhalb meines Zugriffs, weil diese Nymphen ihre züchtigen Beine nicht zeigen dürfen. Deshalb muss ich auf die orientalischen Geschichten zurückgreifen, auf dass die Hosen und die Talare jener Nationen die unzüchtigen Körperteile meiner Darstellerinnen einwickeln." Metastasio
Nach 1740 schrieb Metastasio kaum noch große Operntexte, sondern kleinere Kantaten und Kanzonetten. Gegen Ende seines 84 Jahre währenden Lebens musste der Librettist dann doch miterleben, wie die Opera seria seiner Prägung zunehmend als altertümlich und gestelzt empfunden wurde und die Opernreformer die Bühnen eroberten.
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 28. März 2010, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK