Pergolesi hat mehr komponiert als sein berühmtes "Stabat mater" (und "La serva padrona"), doch es sind bei weitem nicht alle Noten, auf denen sein Name steht, auch wirklich von ihm; nach seinem tragisch frühen Tod haben viele andere Komponisten seinen Namen genutzt, um eigene Werke zu verkaufen.
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Als der nicht sonderlich berühmte Giovanni Battista Pergolesi am 16. März 1736 in einem Franziskanerkloster in Pozzuoli mit nur 26 Jahren an der Tuberkulose starb, setzte auf einmal ein europaweites Interesse an seiner Musik ein. Die fast schon romantisch zu nennende Verklärung des jungen, aus dem Leben gerissenen Genies, die ein halbes Jahrhundert in noch viel stärkerem Maße auch Mozarts Nachruhm bestimmen sollte, sorgte dafür, dass findige Verleger zahlreiche Werke unter Pergolesis Namen veröffentlichten, die dieser gar nicht komponiert hatte. Das Verhältnis von authentischen Kompositionen zu Pergolesi-Fälschungen betrug etwa 1:10 und dürfte in der Musikgeschichte ein einzigartiger Höchstwert sein. Noch die von Igor Stravinsky in seinem Ballett "La Pulcinella" in gutem Glauben verwendeten Pergolesi-Melodien aus dessen zwölf Triosonaten stammten nicht von ihm, sondern, wie die Musikwissenschaft später herausfand, von Domenico Gallo.
Auch Pergolesis berühmten "Concerti armonici" stellten sich als Kompositionen des Grafen Unico Wilhelm von Wassenaer heraus, so dass nur sechs authentische Instrumentalwerke überliefert sind, darunter ein virtuoses Violinkonzert und eine schlichtere Cellosonate. Pergolesis Geltung zu Lebzeiten beruhte auch nicht auf seiner Instrumental- sondern auf seiner Opernmusik. Besonders seine opera seria "L'Olimpiade" wurde als ein Meisterwerk angesehen mit virtuosen Arien voller melodischer Plastizität und lyrischer Intensität. Doch noch erfolgreicher war er als Mitbegründer der Komischen Oper. Pergolesis Zwischenspiel "La serva padrona - Die Magd als Herrin" von 1733 eroberte im Nu die europäischen Bühnen und wurde das erste Repertoirestück des Musiktheaters. Bei einer Aufführung 1752 in Paris löste das Stück eine der größten Kontroversen der Operngeschichte aus. An ihm entzündete sich der Buffonistenstreit zwischen Befürwortern der italienischen und der französischen Oper.
Pergolesis Nachruhm dagegen gründet sich hauptsächlich auf einem Werk geistlicher Musik, das bis heute immer wieder aufgeführt wird und in über 50 Einspielungen vorliegt. Es ist Pergolesis in seinem letzten Lebensjahr komponiertes "Stabat mater". Im 18. Jahrhundert war es das am häufigsten gedruckte Musikstück überhaupt. Zahlreiche Bearbeitungen, u.a. von Johann Sebastian Bach, Antonio Salieri, Franz Xaver Süßmayr oder Otto Nicolai belegen seine Popularität. Der große Jean-Jaques Rousseau bezeichnete das Eingangsstück des "Stabat mater" sogar als "das vollkommenste und bewegendste Duett, das jemals aus der Feder eines Komponisten geflossen ist".
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 4. Januar 2015, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK