Eine Zeitreise nach Hamburg, als dort die Opern von Händel und Telemann aufgeführt wurden, das wär's! Dann könnte man auch der heute viel zu selten gespielten Musik Reinhard Keisers lauschen und viele tolle Werke neu entdecken.
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Es ging durchaus derb zu in Deutschlands erstem Opernhaus am Hamburger Gänsemarkt. Der Geschmack der wohlhabenden Kaufleute reichte von italienischen Liebesarien über mitreißende Ballettszenen bis hin zu plattdeutschen Kalauern à la Ohnsorg-Theater. Und ein Mann lieferte alles, wonach das Publikum damals verlangte: Reinhard Keiser war mehr als 20 Jahre lang Kapellmeister der Oper am Gänsemarkt. Von 1703 bis 1707 wirkte er dort zusätzlich als Direktor. Der junge Händel spielte Geige unter seiner Leitung, seine Opern wurden von Keiser auf die Bühne gebracht. Schwierig zu sagen, wer dabei von wem inspiriert worden war. Jedenfalls können Keisers Arien locker mit denen Händels mithalten.
Der ehemalige Thomaner Reinhard Keiser war zu seiner Zeit ausgesprochen erfolgreich. Seine Oper Fredegunda blieb sechs Jahre lang im Repertoire. Händel, der auf seiner Italienreise mehrere Keiser-Partituren mitführte, griff zeitlebens immer wieder auf Einfälle aus der Feder Keisers zurück. Keiser beherrschte den angesagten Pasticcio-Stil, seine Opern sind nicht homogen, sondern rein in unterschiedlichster Manier Hit an Hit.
Auch nachdem er sein Kapellmeister-Amt abgeben musste, lieferte Keiser weiterhin erfolgreiche Opern. Er soll über 70 geschrieben haben. Die meisten sind leider verschollen. Außerdem vertonte er an die 30 Oratorien, bei deren Aufführung sich die High Society der Hansestadt einfand. 1728 folgte Keiser dem ertaubten Johann Mattheson als Domkantor nach und widmete sich für den Rest seines Lebens überwiegend der Kirchenmusik. Von Mattheson stammt übrigens der Ausspruch, Reinhard Keiser sei "der größte Opernkomponist von der Welt".
Sendungsthema aus "Tafel-Confect" vom 14. Dezember 2014, 12.05 Uhr auf BR-KLASSIK