Paris, 4. März 1848. Frédéric Chopin und George Sand begegnen sich zum letzten Mal. Neun Jahre lang waren sie ein Paar – eines der prominentesten von ganz Paris: der empfindliche, immer kränkelnde Klaviervirtuose Chopin und die zigarrenrauchende, emanzipierte Schriftstellerin Sand. Seit Juli 1847 gingen sie getrennte Wege. George hatte es Frédéric nicht verziehen, dass er sich in ihren Familienstreit eingemischt und Partei für ihre Tochter Solange und ihren Ehemann ergriffen hatte.
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"Man könnte meinen, sie habe sich auf einen Schlag ihrer Tochter und meiner entledigen wollen, weil wir ihr unbequem waren", schreibt Chopin ein paar Monate später an seine Schwester Ludwika, nachdem George Sand kurzerhand die gemeinsame Beziehung beendete. Im Gegensatz zu Sand bleibt Chopin in gutem Kontakt zu ihrer Tochter Solange. Und so erfährt er mit als Erster von der glücklichen Geburt deren ersten Kindes.
Tags darauf ist Chopin zum Abendessen bei der Gräfin Mariani eingeladen. Wie es der Zufall will, läuft er beim Verlassen der Wohnung seiner ehemaligen Geliebten in die Arme. Folgender Dialog soll sich entsponnen haben: "Guten Abend, Madame! Ist es lange her, dass Sie Nachricht von Ihrer Tochter erhalten haben?" "Vor einer Woche." "Gestern, vorgestern hatten Sie keine?" "Nein." "Dann muss ich Ihnen mitteilen, dass Sie Großmutter sind. Solange hat ein Töchterchen, und ich freue mich sehr, Ihnen diese Nachricht als Erster überbringen zu können. Guten Abend."
Am Ende der Treppe zum Erdgeschoss angelangt, besinnt sich Chopin und schickt seinen Begleiter noch einmal zu George Sand hinauf, um ihr ausrichten zu lassen, dass es ihrer Tochter gut gehe. Sogleich eilt Sand zu Chopin hinunter, um mehr zu erfahren. "Sie fragte mich nach meinem Befinden", schreibt Chopin tags darauf an Solange. "Ich habe ihr geantwortet, es gehe mir gut, und ließ mir vom Portier die Tür öffnen."
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Frédéric Chopin - Mazurka in F Minor, Op. 68, No. 4
Traurig macht sich Chopin auf den Heimweg. Auch George Sand erinnert sich Jahre später an diese letzte Begegnung: "Ich drückte seine zitternde, eisige Hand. Ich wollte mit ihm sprechen, aber er wandte sich ab. Es war nun an mir zu sagen, dass er mich nicht mehr liebe. Ich habe ihm diesen Schmerz erspart und alles in die Hände der Zukunft und der Vorsehung gelegt. Ich sollte Chopin nicht mehr wiedersehen."
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Sendung: "Allegro" am 4. März 2021 ab 06:05 Uhr auf BR-KLASSIK